Sunday, July 22, 2018

Robert Seethaler - Das Feld

Spitzenreiter der Spiegel-Bestenliste. Eigentlich kein richtiger Roman, wie so viele Bücher heutzutage trägt es dieses Etikett um des Absatzes Willen. Aber egal. Im Prinzip ist auch jeder Roman eine Art Container für alle möglichen Formen. Warum nicht auch für eine Sammlung von Geschichten. Den Rahmen der Geschichte bildet der Friedhof, das „Feld“, hier liegen die Toten und berichten einem namenlosen Erzähler, der nur am Anfang des Romans kurz in Erscheinung tritt und sich fragt, ob diese Stimmen seiner Fantasie entstanden, oder tatsächlich die jenigen der Toten sind, die ihm noch unbedingt etwas erzählen müssen. Ich weiß nicht welche Vorstellung da von spannender ist, beide haben ihre Reize.


Was haben diese toten zu erzählen? Manchmal von ihrem Sterben manchmal von irgendwelchen Augenblicken in ihrem Leben die, die vielleicht die glücklichsten waren oder einfach so im Bewusstseinsrest haften geblieben sind. Es handelt sich im Prinzip um banale Geschichten, erste Liebe, Liebe, Beziehungen, Ehe, Vater-Sohn, Beruf, Karriere, Besessenheit, Schrullen, Gaunereien, Kleinstadtpolitik.

So richtig hängen geblieben bin ich selten, manchmal schien das Erzählte mir in der Auswahl der Möglichkeiten, die diese Kleinstadterzählungen nutzen konnten, zu beschränkt (womit ich ihm bei näherer Überlegung Unrecht tue, ich hätte aufmerksamer sein müssen). Die Sprache ist klar und deutlich, was mir etwas fehlt, das sind die Schatten, die Mehrdeutigkeiten, die auf eine Welt darüber hinaus deuten. Zu Seethalers sprachlichen Mitteln zählt das jedenfalls nicht, eine Nabokov oder Updike ist der sicherlich nicht, nicht das übertragene Bild, die Metapher, sind seinem Domäne, sondern die direkte Vision. Der Reiz kommt daher aus einer anderen Richtung.

Denn das Thema dieses Buches besteht darin, dass alle Leute, denen wir auf der Straße begegnen, so eine Geschichte mit sich tragen, solche Augenblicke, solche tragischen Wendungen, solche Schmerzen, solche Glücksmomente. Und wenn man sie sich nur aufmerksam genug ansieht, wenn man ihnen zuhört, wenn man sie beobachtet, wenn man sich auf sie ein lässt, dann wird mehr und mehr von dieser anderen Welt sichtbar. Vielleicht ist das die Botschaft, die von diesem „Feld“ ausgesendet wird.


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