Tuesday, April 19, 2005

Die Kassiererinnen

Genanzino schreibt eigentlich immer den selben Roman. Man liest ihn aber immer wieder gerne. Es ist das Leben selbst, das an seinen Flaneuren vorrüberzieht. Man will das gleich nachmachen, will heißen, hinaus gehen und das Leben anschauen.

Copperfield

Mal wieder ein Klassiker. Immer mal wieder ein Kapitel im Ohrensessel, eine Tasse Tee auf dem Tischchen daneben, eine schlafende Katze auf dem Schoß. Sehr schön, detailiert und lustig ist das ganze. Und gleich liebt man einige Gestalten und hasst andere unerbittlich und hofft, dass sie ihrer Strafe nicht entgehen.

Alles ist erleuchtet

Jonathan Safran Foer. Hält man das Ukrainisch-Englisch des sympathischen Fremdenführers über die volle Distanz aus? Nein, muss man aber ja auch nicht, denn die Beschreibung des Reisebegleiters wechselt ja mit dem Bericht über das Schtetl. Nach Anfangsschwierigkeiten ist man bald drinnen und hat Spaß. (Außerdem endlich mal wieder ein Fischer-Taschenbuch; die haben zur Zeit ein sehr angenehmes Format.)

Wednesday, April 13, 2005

Die Wälder am Fluss

Ein Highlight, ganz ohne Zweifel das beste Buch, das ich dieses Jahr bis jetzt gelesen habe. Geht einen wirklich unter die Haut. So ziemlich das Beste, was dieses Genre überhaupt vermag und von daher sogar mit Schuld und Sühne vergleichbar. Oder auch nicht: Schuld und Sühne ist eine Büßergeschichte, die als Kriminalroman daher kommt; Die Wälder am Fluss ist ein Kriminalroman, der als Jugendgeschichte getarnt ist. Aber das sind Spitzfindigkeiten. Jedenfalls war ich bei keinem anderen Buch dieses jahr bisher so dicht dabei, wie bei diesem. Und von dem Autoren ist nichts anderes auf Deutsch verfügbar. Kai Meyer, Entschuldigung, ist Kinderkram dagegen. Eine echte Entdeckung!

Pnin

Der liebenswerte Russe wieder. Detailreichtum und Erfreuliches bis in die letzten Windungen der wohlklingenden Perioden. Sehr schön gelesen übrigens von Ulrich Matthes (sic?). Ist meine dritte Lesung. Mein Favorit ist Die Gabe, ein weiteres Lieblingsbuch.

Friday, April 08, 2005

Idioten. Fünf Märchen.

So ein Buch, das man an einem Urlaubsnachmittag lesen kann. Besonders Tal des Todes und Notwehr haben gefallen. Ein Problem bei solchen Geschichten, die in einer bestimmten Szene spielen, ist die Sprache, der Slang, die Gefahr des Manierismus. Da ist Arjouni recht gut. Bei Krausser zum Beispiel klingt manches unechter. Gerne würde ich von ihm mal wieder einen größeren Roman lesen, wie etwa Magic Hoffmann. (Jetzt habe ich gleich mal bei Amazon geguckt, ob es was gibt. Tatsächlich, Hausaufgaben. Wird angeschafft, sobald es als Taschenbuch vorliegt.)

Thursday, April 07, 2005

Der Augenblick der Liebe

Ganz groß läuft Walser in seinen Spätjahren auf. Der Augenblick der Liebe, besser geht es kaum in der deutschen Sprache. Das ist was anderes, eine ganz andere Ebene. Grass mit seinem Manierismus dagegen kaum noch verträglich. Den ganzen Roman übrigens von ihm selbst vorgelesen bekommen. Toll das Ganze, toll.

Die Fließende Königin/Das Steinerne Licht

Meyer-Müdigkeit schleicht sich ein, sorry. Die Welt, die er da aufbaut ist nach wie vor faszinierend, aber ich sehen mich nach etwa rau-wirklicheren. Übersättigt eben. Jetzt liegt allerdings noch der letzte Teil der Trilogie da. Den werde ich aber erst nach einem üppigen Franzen oder Lethem oder Esterhazy vorher brauchen.

Friday, April 01, 2005

Die Fließende Königin

Kai Meyer ist drauf und dran eine meiner Entdeckungen des Jahres zu werden. Wahrscheinlich auch deshalb, weil er so gut dokumentiert ist. Jetzt also Die Fließende Königin als drittes Buch von ihm im noch jungen Jahr. Eine ganz andere Welt, eine, in der ich noch nie zuvor war, soviel darf ich gleich mal sagen. Ob das was mit Jugendliteratur zu tun hat, keine Ahnung. Bei Harry Potter hat man trotz aller Magie immer das Gefühl, sich auf vertrautem Terrain zu bewegen. Zauberer, Riesenspinnen, Hauselfen, Drachen, Riesen und was weiß ich noch entstammen doch alle dem großen weltliterarischen Fantasyalbum und sind nichts Neues (womit nichts, aber auch gar nichts über die Innovationswucht der Potter-Reihe gesagt werden soll). Bei Meyer dagegen: Ganz eigene Geschöpfe, selbst geschaffen, einer Privatphantasie entsprungen. Daher ist die Lektüre ein Gang in wirklich unbekanntes Terrain, in dem sich die vertrauten Gegenstände unversehens in etwas völlig Fremdes verwandeln. Zum Beispiel gibt es da Meerjungfrauen. Die unterscheiden sich aber von den herkömmlichen Meerjungfrauen, indem Meyer Ihnen durch Breitmünder mit Haifischzähnen die Erotik nimmt. Einem blinden Mädchen werden Spiegelaugen eingesetzt. Die Erde befindet sich in der Hand eines wiedererstandenen ägyptischen Pharaos. Vielleicht gibt es zu all diesen Details auch irgendwelche Quellenbezüge., was mir aber Wurscht ist. Aufregend und im wahrsten Sinne des Wortes befremdlich ist das Ganze jedenfalls. Auf seltsame Weise intim.