Tuesday, July 16, 2013

31. Falken - Hilary Mantel

Ein Buch über Umgang und Arbeit der Macht, zartgegliedert. Sehr schön in Verbindung mit der Fernsehserie "Die Tudors". Mantels Stil bemerkenswert: Kamerafahrt durchs Bewusstsein Thomas Cromwells. Gespannt, ob es einen dritten Teil geben wird, der dann auch Cromwells Ende umfasst.

Thursday, July 11, 2013

30. Die Naziliteratur in Amerika - Roberto Bolano

Geschichte einer Literatur, die es so gar nicht gegeben hat.
Nach 2666 und Lumpenroman nun also das dritte Buch des Chilenen dieses Jahr. Es ist schon beeindruckend, was für ein Spektrum sich da eröffnet. Die Naziliteratur in Amerika ist bis jetzt das kurioseste.
Der Verlag bezeichnet das Buch völlig ungeniert als Roman. Ich weiß nicht, ob Bolano das auch so gesehen hat. Jedenfalls handelt es sich tatsächlich um eine fiktive kleine Literaturgeschichte einer faschistoiden Literatur in den Amerikas im letzten Jahrhundert. In 33 kurzen Dichterporträts lässt Bolano hunderte von nie geschriebenen Werken aufblitzen. Der besondere Reiz: Die Simulation des Authentischen.

Saturday, July 06, 2013

28 Wolf Haas - Brenner und der Liebe Gott

Nach längerer Zeit mal wieder ein Wolf Haas, von dem leider keine E-Books auf dem Markt sind. Leider war die Verteidigung der Missionarsstellung nicht vorrätig, daher also Brenner und der Liebe Gott beim Buchhändler meines Vertrauens erstanden. Schön übrigens mal wieder Papier in der Hand zu haben. Angenehmes Schriftbild, angenehmer Geruch, nur das Cover ist etwas daneben. Die Schokoladenrippen legen das Niveau einfach ein paar Etagen zu tief an. Denn was Wolf Haas in seinen Romanen liefert, ist viel, viel exquisiter, als Krimiregalware.

Die Story ist nicht großartig: Bauunternehmerkind entführt, geschmiertes Großprojekt, Wirtschaft, Bank und Politik in einer Jagdhütte. Aber der Plot ist nicht wichtig bei Wolf Haas. Viel wichtiger ist bei diesem Autor das Musilsche bzw. das Doderersche. Sprache und Kommentar vor Handlung und Charakter, hier übrigens auf einer Linie mit Heinrich Steinfest. Daher haben diese angetäuschten Krimis auch so ein angenehm anderes Lesetempo: schwerelose Gemächlichkeit. Die Fabulierlust lässt sich gerne aufhalten, um bei Szenen zu verweilen und Details unter das Vergrößerungsglas zu legen. Damit liefern diese Romane etwas genuin Literarisches, was das Fernsehen so nicht imitieren kann.

Einer der großen Haas-Kniffe ist die Wiederbelebung des auktorialen Erzählers, hier in Gestalt eines Kneipenplauderers. Das ist ziemlich irritierend, funktioniert aber. Interessant auch, wenn man diese Perspektive auf den Romantitel bezieht: Wenn Erzähler und der Liebe Gott identisch sind - und wer sonst sollte der Erzähler sein - dann kommt es an mindestens einer Stelle zu bedeutungsvollen Begegnungen zwischen ihm und seiner Hauptfigur. An mehreren Stellen scheint dann ein überraschender religiöser Lichtstreif durch die alltagsrealistische Konstruktion.

Fazit: Vier Stunden angenehm beschwingte Gedankenunterhaltung.

Thursday, July 04, 2013

24-27 Das Lied von Eis und Feuer 6-9 - George R. R. Martin

Jetzt ganz drinnen, völlig absorbiert. Ein wirklicher Hexenmeister von einem Erzähler. Wie er dann auf einmal die gewohnten Perspektiven beiseite lässt und zwei Bände von ganz anderen Personen - einige davon hat man zu den Bösewichten gezählt - erzählt, ist toll. Allerdings ist es wirklich nicht möglich den Überblick über den ganzen Mittel- und Kleinadel zu bewahren.

Wednesday, July 03, 2013

6. Jose Carlos Somoza - Die 13. Dame

Ganz netter Mysterie-Thriller. Lag schon seit Jahren Regal.

23. Apostoloff - Sibylle Lewitscharoff

Roman der neuen Büchner-Preisträgerin. Reisegeschichte eines ungewöhnlichen Konvois: Ein Reicher US-Bulgare ünerführt im Rahmen eines lukrativen Projekts eine Handvoll toter schwäbischer Bulgaren zurück in ihr Herkunftsland. Das gibt der Erzählerin Gelegenheit, einen bitteren Blick auf dieses Land zu werfen.

Sehr gelungen sind Sprache, Ton. Im Spiegel bezeichnete ein Kolumnist Lewitscharoff als vom "Reinlichkeitswahn der schwäbischen Hausfrau getriebene Langeweilerin".  Das scheint weit hergeholt. Im Text verstreut sind sprachliche Diamanten, die aufzulesen viel Spaß macht, etwa wenn es über den verhassten Selbstmördervater heißt: "Er hatte immer ein Häubchen Schwermut auf dem Kopf". Oder über die Religionsferne der Schwester: "Ihr weiches, gutmütiges Herz sitzt im Stahlgehäuse des protestantischen Atheismus fest."

Motive: Engel, Religion; Hässlichkeit des Sozialismus, Vaterhass.