Monday, July 27, 2009

Haffners Liebe zum Unentschieden - Glavinic

Nette kleine Schachgeschichte über den schmalen Grat zwischen Erfolg und Scheitern, zwischen einem glanzvollen Erdendasein und einem Armengrab, zwischen Kaviar und Hummer. Schönste Stelle am Schluss: Haffner gewährt viel schlechterem Spieler in Siegstellung ein Remis und vergibt dadurch Turniersieg. Danach geht er ins Café und beobachtet schmunzelnd und unerkannt, wie sich der andere brüstet und freut.

Dunkle Schuld - Sallis

Das war mein zweiter Sallis nach Driver und ich fand ihn fast noch besser. Während Driver ein kompaktes, geradliniges und reines Krimimeisterstück ist, gibt es in diesem Südstaaten-Regionalkrimi neben einer eher gemütlich vor sich hin spazierenden Handlung hunderte von kleinen Skizzen, Episoden, abgebrochenen Lebensläufen der Verlierer des heutigen Amerika. So entfaltet sich ein schreckliches Sozi-Panorama, gegen das die Hölle wie ein harmloser Schrein aus dem europäischen Mittelalter wirkt.

Turner, die Hauptfigur ist selbst ein gebrochener Typ: Ex-Literaturstudent, Ex-Vietnamkämpfer, Ex-Cop, Ex-Knakie und Ex-Pychotherapeut ist er an allem gescheitert und hat sich jetzt zurückgezogen, irgendwo aufs Land, in ein Nirgendwo-Tennessee. Doch dann geschieht in der nahen Kleinstadt ein Mord und man zieht ihn als Berater hinzu. Und er nimmt Witterung auf...

Man sieht den Film schon direkt vor sich. In der Hauptrolle Clint Eastwood, als Sheriff Gene Hackman.

Sallis fährt das beste auf, was ein Autor von heute zu bieten hat: prägnante, nicht zu glatte Sprache, pointierte Dialoge, Atmosphäre, überraschende Beobachtungen, Figuren mit Profil und Background.

Ich freue mich schon auf weitere Sallis-Veröffentlichungen hierzulande.

Tuesday, July 21, 2009

Qual (Blaze) - Stephen-Richard Bachmann-King

Das alljährliche S.K.-Fieber. Diesmal noch besser kuriert als letztes Jahr. Eines aus der goldenen Zeit. Man merkt es. Ein ganz geradliniges Buch im Stil von Steinbecks Von Mäusen und Menschen.

Der Charakter des helden ist ein Wagnis, man nimmt ihn die Dummheit gerade so ab. Die einflüsternde Stimme als Behelf in Ordnung, aber nicht ganz überzeugend. Blaze müsste eigentlich schizophren sein. Dafür ist er aber zu klar. Wunderbar wie immer beim frühen King die Schilderung von Jugend und Kindheit.

Zum Würgen: Die Manie des Verlags, alle S.K.-Titel gnadenlos zu verstümmeln. Warum hier nicht Blaze? Ist auch nur ein Wort. Qual, so der deutsche Titel, ist weniger als nichts. Totaler Mumpitz.

Die Gosse und das Grab - Ed McBain

Sehr schöne Nostalgie-Reihe das. Ahnte zwar gleich, dass es (vorsicht Spoiler) die Sängerin ist, aber das liegt wohl am kollektiven Krimigedächtnis, das von solchen Urgeschichten genährt wurde.

Gemocht: Die Geradlinigkeit und ein paar der Stimmungsbilder.

The collected works of T.S.Spivet - Reif Larson

Schönes Buch, das sofort in die Augen fällt: Die Karten und Diagramme des genialen 12-jährigen Protagonisten sind größten Teils am Rand abgebildet. Die Tristam Shandy'sche Abschweifung als gezeichnete Marginalie. Figuren mit Kalkül gewagt.

Der Graf von Monte Christo - Alexandre Dumas (Vater)

Letztes Jahr einmal günstig in drer 1200-Seiten-Insel-Ausgabe erworben. Ganz angetan von dem Reichtum: Gestalten, Schauplätze. Personen, Ideen.

Aber dann, ziemlich genau in der Hälfte, abgedriftet, Personen verloren, aus dem Bann gefallen. Schade. Ob es noch eine Gelegenheit gibt?

Letzten Endes hat das dann doch zu wenig mit einem selbst zu tun.