Saturday, November 07, 2015

Literaten-Talk XXL. Heinz Ludwig Arnold: Meine Gespräche mit Schriftstellern 1977–1999

Literaten-Talk XXL. Heinz Ludwig Arnold:
Meine Gespräche mit Schriftstellern 1977–1999
Uff, das letzte "Band" von Heinz Ludwig Arnolds "Meine Gespräche mit Schriftstellern" abgehört. Wie spannend und interessant doch das Banale ist. Mal ehrlich, besonders tiefschürfend sind die Gespräche nicht, auch ist einiges an Klatsch dabei. Beeindruckend ist immerhin, wie zäh Arnold immer wieder seine Angel auswirft, um den Schreibern etwas zu entlocken. Oft sind die Fragen gar nicht erkennbar. Eher sind es Impulse, die er setzt.


Starke Namen

Das Line-up dieser Ausgabe ist stark: der selige Günter Grass, der weinselige Friedrich Dürrenmatt, witzige Helmut Heißenbüttel, der  rrrr-rrrollende Lew Kopelew, der exilierte Peter Weiss, der etwas nölige Jurek Becker, der phantastische Wolfgang Hildesheimer, der mir völlig unbekannte Hugo Dittberner, der sehr, sehr selbstbewusste Günter Wallraff, der sympatische Gruppe 47-Opa Hans Werner Richter, der mir auch unbekannte, aber spannend parlierende Walter Kolbenhoff, Peter Rühmkorf wie man ihn kennt und Walter Kempowski schließlich, mit sehr netten Out-Takes vor dem Gespräch.

Interessant ist die sehr unterschiedliche Performance der Gesprächspartner. Man sieht daran sehr schön, das das geglückte Gespräch von zwei Dingen abhängt: Charakter der Teilnehmer und Chemie zwischen ihnen. Für Letztere sorgt Arnold immer gekonnt. Er nimmt sich ganz zurück und fungiert nur als eine Art Aktivator für den Anderen. Was den Charakter betrifft, verteilt sich Spaß und Vergnügen höchst unterschiedlich.

Selbsteiferer 

Das gibt es die einen, die nicht vermeiden können, in eine Art Eifer über sich selbst zu verfallen. Grass und Wallraff (und vielleicht auch Rühmkorff) zählen dazu. Können sie ja auch, die eigene Person gehört bei ihnen ja irgendwie zum Gesamtkonzept. Der Gruppe stehen einige andere gegenüber, die auch von sich sprechen, aber dabei irgendwie gelassener wirken. Kempowski, Hildesheimer und Heißenbüttel zählen dazu.

Dann gibt es andere, die sind einfach als Zeitzeugen interessant. Durch ihre Münder fließt erlebte Gegenwart, ganz uneitel. Hans Werner Richter, Walter Kolbenhoff und Leo Kopelew gehören in die Gruppe. Andere wirken leicht verpeilt, so etwa Weiss und Dittberner.

Gespräch als Gedankenbeförderung

Und dann gibt es noch die Gruppe, die das Gespräch als Entdeckungsfahrt verstehen. Becker und Arnold erscheinen zum Beispiel wie zwei Bastler, die eine Biografie zusammenkleben, wobei Becker besserwisserisch die Teilchen immer wieder etwas zurechtrückt. Das Gespräch mit Dürrenmatt ist in dieser Hinsicht sicher das beste. Man spürt bei ihm die große Lust am Sprechen als eine Art Gedankenbeförderung.

Ich habe gerne zugehört, lässt bequem nebenbei machen, es entgeht einem wenig, wenn man mal nicht so genau aufpasst - höchstens ein Stückchen angenehm-langweiliger Unterhaltung. Reinhören kann man hier.




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