Friday, March 13, 2009

Ghost - von Robert Harris

Gerhard Schröder war kein CIA-Agent. Das ist ziemlich sicher. Wäre er CIA-Agent gewesen, dann wären im Irak-Krieg deutsche Schiffe im persischen Golf aufgetaucht und hätten Raketen auf Bagdad abgefeuert, hätten deutsche Leoparden und Tiger schlecht ausgerüstete Irakis durch die Wüste gejagt und BNDler leicht terrorismusverdächtige Mitbürger gewasserbrettert bis zum Herzstillstand.

Bei Tony Blair dürfen sich die Briten nicht so sicher sein. Bush's Dog nannte man ihn auch hämisch wegen seiner übertriebenen Bündnistreue gegenüber den Amerikanern. Viel hat er dabei nicht heraus holen können für sich und die Briten. Er selbst musste vorzeitig sein Amt an den Nagel hängen, U-Bahnen wurden in die Luft gesprengt, die Schlangen an den Sicherheitsschranken in den Flughäfen wurden immer länger. Nicht einmal Öl-Aufträge gab es für englischen Firmen.

Warum das ganze also dann? Hatte der Mann vielleicht ganz andere Prioritäten?

Die Frage stellt sich Robert Harris in seinem mit dem International Thriller Award ausgezeichneten Roman Ghost. Ghost, das ist ein Ghostwriter, der sein Geld bislang hauptsächlich mit den Autobiografien von Stars aus Show Biz und Sport verdient hat. Jetzt trägt ihm sein Agent eine ganz heiße Sache an: Die Memoiren Adam Langs, des ehemaligen britischen Premier-Ministers. Die Sache soll ihm nicht nur ziemlich viel Geld bringen, sie hat auch jede Menge Haken: Deadline ist in einem Monat und das verfügbare Material seines Vorgängers ist grottenschlecht; außerdem hat jener unter nicht ganz wasserdichten Umständen vor kurzem das Zeitliche gesegnet. Zudem fällt die Arbeitszeit just in die Phase, als die Juristen Adam Lang vor das Kriegsverbrecher -Tribunal in Den Haag bringen wollen, weil er angeblich die unrechtmäßige Verhaftung von Terrorverdächtigen durch die CIA angeordnet haben soll.

Schlecht für ihn, aber gut für die Publicity, daher halbiert der Verlag kurzerhand die eh schon halsbrecherische Abgabefrist. Doch diese Sorge gerät für den Ghost langsam in den Hintergrund. Denn er beginnt mit seinen eigenen Recherchen und entdeckt peu á peu allerhand, was den früheren Premier in immer düstereres Zwielicht taucht. Was hat den munteren Cambridgianer, der bis dato nichts mit Politik am Hut hatte, anno dazumal in die Partei getrieben? Wie konnte er so rasant an allen anderen vorbeiziehen, ohne eine eigene Lobby in der Partei zu haben? Warum verzapft er Märchen, was seine frühere Motivation angeht? Und wie ist sein treuer Mitarbeiter, der eigentlich mit der Abfassung der Memoiren betraut war, wirklich gestorben? Was ist dran, an den Vorwürfen der Verstrickungen mit CIA-Machenschaften?Auf einmal stinkt alles nur noch so nach Intrige, Verschwörung und dunklen Geheimdienstmachenschaften.

Dass das Buch macht ziemlich viel Spaß, liegt zum einen daran, dass es natürlich sehr spannend ist. Aber auch daran, dass es so nah an der jüngsten Geschichte angesiedelt ist. Man hat alles noch frisch vor Augen – die gemeinsamen Pressekonferenzen, leidenschaftliche Beteuerungen windschiefer Überzeugungen, die schwindelerregende Erosion der Glaubwürdigkeit.

Und dann kommt bei Harris noch etwas hinzu, das man in amerikanischen Thrillern dieses Kalibers eher selten findet: Humor. Ich will jetzt nicht reflexartig das Attribut „britisch“ davor setzen. Jedenfalls habe ich bei der Lektüre mehrmals laut gelacht. Was will man mehr?

("Was will man mehr?" - die Frage ist auch so sein Rezensionenreflex)

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