Sunday, July 03, 2016

Cormac McCarthy - Die Abendröte im Westen

Cormac McCarthy Geschichten erinnern immer ein wenig an Quentin Tarantino. Wie bei Tarantino ist das Hauptthema die Gewalt ohne Tabus. Man kann schon fast von einer kaum verholenen Lust an der Gewalt, an Grausamkeit, an Gemetzel und Blut sprechen. Die Gewaltschilderungen sind exzessiv. Die Welt besteht zu 99,9 % aus Gewalt, Bosheit, Grausamkeit. Das übrige 0,1 % ist weder Liebe, noch Hoffnung, sondern ein Überstand an diffuser Religion. Doch das ist nichts worauf sich ein Mensch ausruhen könnte.

Die Sprache von McCarthy ist schlicht, archaisch, durchsetzt von biblischen, manchmal philosophischen Idiomen. Das ganze folgt aber keinem zusammenhängenden Gedankengerüst, sondern ist Fragment. Die Sprache spiegelt so die düstere Weltsicht des Autors wieder. Seine Welt ist zerstückelt, hastig, impulsiv, zerstört und zerstörerisch, für Hoffnung gibt es keinerlei Raum. 

Einen Plot gibt es in die "Die Abendröte des Westens". Der Leser geht auf eine Reise durch ein wüstes, tödliches, feindliches Land. Es folgt Massaker auf Massaker, Gelage auf Gelage, Schlacht Schlacht. Die Handlung folgt einem mittelalterlichen Totentanz darwinistischer Prägung. 

Cormac McCarthys Typen
Auch die Figurenzeichnung ist holzschnitthaft. Es gibt ein beschränktes Tableau von Typen: der Junge, der die Unschuld verliert, der Priester, der seinen Weg verloren hat, der grausame Führer durch die Hölle, der gleichzeitig ihr dunkelste Fürst ist. Und es gibt den Richter, eine Art Nietzsche-Gott, der sich die verwaiste Welt Untertan gemacht hat. 

Viel Raum nimmt auch die Schilderung der Landschaft ein. Meist ist es ein Dschungel, ein tödlicher, feindlicher Raum, in dem die Menschen um ihr Überleben kämpfen. Nur hin und wieder gibt es Passagen, in denen die Welt düster-schöne Züge annimmt, meist aber nur wenn, sie vom Menschen unberührt ist. Herausragend ist hier die Schilderung Küstenlandschaft gegen Ende des Buches: "Er saß am Strand und hielt Ausschau; die Sonne tauchte zischend in die Dünung. Das Pferd hob sich dunkel gegen den Himmel ab. Die Brandung dröhnte durchs Dunkel, das schwarze Feld der See hob und senkte sich unter Sternensprengel, die langen fahlen Brecher sprangen aus der Nacht und zerborsten am Ufer. Er stand auf schritt auf die Stadtlichter zu. Die Ebbentümpel glommen wie Schmelzöfen zwischen den düsteren Klippen, wo die phosphoreszierenden Krabben zurückkochen...Das Pferd spähte in die unermessliche Ferne, wo die Sterne ertrinken und Wale ihre weiten Seelen durch die schwarze, saumlose See tragen.

Die düstere Abendröte im Westen
Die "Abendröte im Westen" ist ein, anstrengendes Buch, das einen tief verstört, das man aber auch nicht unerledigt wieder ins Regal stellen kann. Ich bezweifle, dass ich so schnell wieder ein Buch von McCarthy lesen werde. Immer die gleiche, düstere, hoffnungslose Welt. Es muss auch Gegenentwürfe geben.

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