Saturday, November 13, 2010

Benjamin Kunkel - Unentschlossen

Benjamin Kunkel also. Unentschlossen. Der Titel des Romans ist schon mal sehr ansprechend. Habe ihn in einem Rutsch durchgelesen.

Es ist jedenfalls wieder einer dieser amerikanischen Romane, die verdammt gut geschrieben sind. Das gibt es hier gar nicht, diesen lockeren Ton, der dennoch so viele Bilder im Kopf entsehen lässt und gleichzeitig auf einer Handlung basiert, die "straight" zur Sache kommt.
Dieses "Staight"-Leseerlebnis ist haargenau das selbe, das ich schon damals als Student hatte, als ich noch keinen Fernseher hatte und die Bücher danach auswählte, was mir am Abend die bestmögliche Unterhaltung liefern würde. Die Highlights damals waren so weit ich mich erinnere: Der Ghostwriter von P. Roth und Rabbit in Ruhe von J. Updike. Ja und natürlich Nabokovs Ada und Lolita, obwohl das irgendwie eine andere, europäische Kategorie ist.

Unentschlossen also. Der Titel ist Programm: Dwight, ein Endzwanziger, Philosophie-Absolvent, verliert seinen Job im Technical-Support einer Pharma-Firma und versucht daraufhin, sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Sein Problem: Er leidet an chronischer Unentschlossenheit. Dagegen nimmt er ein Medikament, das sich am Ende freilich als Plazebo erweist (solche Pillen sind in allen Romanen immer Plazebos). Wichtiger aber ist, dass er eine Reise nach Südamerika macht, um seine Jugendliebe Natascha zu treffen. Diese Reise verändert ihn von Grund auf. Statt Natascha erwartet ihn eine andere Frau, mit der er einen irren Tripp durch den Dschungel Ecuadors macht. Nach einigem hin und her verlieben sie sich ineinander. Der Roman endet damit, dass er sich zum demokratischen Sozialismus bekennt und in Bolivien gegen die von der USA gestützen Militärdiktatur arbeitet.

Das ist die Handlung. Sie ist es aber noch lange nicht, die das Buch zu einem lesenwerten Buch macht.

Die Gründe, die für die Lektüre sprechen, liegen auf anderen Ebenen: der der Sprache und der der Hauptgestalten.

Die Sprache des Buches ist es, was dem Leser auf jeder Seite Genuss verschafft. Alles ist unglaublich pointiert und gekonnt, die Metaphern frisch.
Ich schlage wahllos irgendeine Seite auf.
Und doch verkörperte die Beachtung, die wir Mister schenkten, eine Eltern-Kind-Basis, die vermuten ließ, dass in unserer Familie unter der Hand große Mengen erstklassiger Liebesgefühle kursierten, wenn wir so mit unserem Hund umgingen - so lieb er auch war. Unsere Gefühle für Mister waren wohl irgendwie der Maßstab für unsere Herzen.
Mister, das ist der Hund. Ganz locker werden hier aus etwas Gegenständlichem (ok, es ist ein lebendiger Hund), komplexe emotionale Verhältnisse verdichtet.

Der andere Grund für das Buch liegt wie gesagt in den Figuren, namentlich in der Hauptfigur und seiner Freundin Brigid. Sie haben ihre Schwächen und Eigenarten und sind mit Gefühl für Details gestaltet (Dwights Klamotten, sein schüchternes Dandytum etc.)

Alles in allem eine sehr lauschenswerte neue Erzählstimme aus Amerika.



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