Der Allesforscher enthält viele Zutaten eines typischen Steinfest-Romans: Die an Musil geschulte Lust am Kommentar, wovon gleich der Prolog zeugt; die liebenswerten Figuren, die an eine moderne Opera Buffo erinnern; Situationskomik, die (Pop)-kulturelle Erhöhung der Figuren (der Kosmetikchemiker wird nach W.H. Auden benannt, die Ehefrau des Messerwerfers ist eine Bach-Virtuosin, fast alle Personen reflektieren den kulturellen Subkontext der Erzählung etc.), pointierte Handlung, die Lust am Skurrilen und Exotischen und deren Vermischung mit Alltagselementen.
Ein Thema, das meines Erachtens etwas zu Kurz kommt, ist das Motiv des Allesforschers selbst. Im Roman ist damit der geistige Mentor der Hauptfigur gemeint, ein Privatgelehrter, der sich scheinbar für alles interessiert. Man spürt hier die eigentliche Keimzelle des Romans, die jedoch nicht wirklich aufgeht; stattdessen wächst neben ihr ein anderer, sehr kräftiger Baum. Zwar versucht der Autor im Nachwort das Allesforscher-Motiv noch auf den Adoptivsohn zu übertragen. Aber das überzeugt nicht wirklich. Der Roman würde auch ganz ohne den ursprünglichen Allesforscher durchgehen.
Anderseits stört das auch nicht, schließlich ist ein Roman keine mathematische Gleichung, die glatt aufgehen muss. So bleibt hier ein kleiner Rest, über den man noch ein wenig grübeln kann: Was hätte der Autor noch aus der Figur machen können? Einen anderen Roman schreiben, da er in seinem eigenen keinen Platz gefunden hat? Das Leben und Sterben des Allesforschers vielleicht? Ein Dickens'scher Roman eines Jungen, der aus den Trümmern eines Nachkriegskölns geboren wird, ohne eigene Sprache aufwächst und sich daher eine eigene Wissenschaft ausdenkt, deren Erkenntnisse irgendwann die reale Wissenschaft überholt, vielleicht?
Was Der Allesforscher übrigens nicht ist, ist ein Kriminalroman. Aber man hat auch die früheren Steinfest-Bücher nicht gelesen, weil sie als Krimis deklariert wurden, sondern weil sie eben von Steinfest waren.
Das Tolle an dem Buch ist, dass es den Leser auf intelligente Weise unterhält. Bücher wie Der Allesforscher schaffen etwas, was gar nicht oft geschieht beim Lesen, schon gar nicht bei der Lektüre der deutschen Gegenwartsliteratur: Sie bereiten Vergnügen.
Übrigens hier noch eine nette, kleine Buchvorstellung des SWR. Am Ende zeigt Steinfest, wo er seine Inspiration her nimmt.
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