Saturday, September 10, 2011

Open City - Teju Cole

Ich sah auf Kulturzeit einen Film über Teju Cole. Er lief durch New York und fotographierte wie blöd mit einer schönen alten, analogen Leica. Dabei erzählte er von seinen Wanderungen durch die Stadt und die unterschiedlichen Perspektiven, die sich ihm boten und den Menschen, die er sah und den Entdeckungen, die er machte. Zum Beispiel machte er darauf aufmerksam, dass der Central Park eine Art Neandertal der Sklaven ist, in dem vor kurzem tatsächlich auch geologische Ausgrabungen stattgefunden hatten, sich aber niemand wirklich dafür interessiere und der Ort der Vergessenheit so der Vergessenheit anheimfiel. Wie überhaupt so vieles ohne Gedächtnis war, ganz einfach, weil es kein Bauwerk gab, das an die Ereignisse erinnerte. Ich glaube, der Beitrag handelte allgemein von 9/11 und gar nicht so sehr von seinem Buch Open City und irgendwie war was er sagte ein Kommentar zum 10. Jahrestag der Ereignisse. Etwas gefiel mir an dem Beitrag. Ich weiß nicht, ob es das Motiv des Flanierens war oder die Ansichten des jungen Schwarzen oder auch nur die Stadt selbst und die Art und Weise, wie er sich durch sie bewegte und wie er sie sah.

Ich lud mir einen Auszug auf mein Kindle - übrigens noch in der selben Stunde, in der ich Jon Krakauers Into thin Air beendet hatte, das aufregenste und aufwühlenste Buch, das ich bis dato in diesem Jahr gelesen hatte.

Und gleich das erste Kapitel nahm mich gefangen. Die Beschäftigungen des einsamen Flaneurs waren mir vertraut: lange, ziellose Spaziergänge, lautes Lesen im Zimmer, Klassikradio, die Stimmen der Sprecher in der Nacht, Mahler, Gedichte auswendig lernen und vieles mehr.

Dann der Sebald-Ton, der Verzicht auf Plot, die lyrischen Essays, das Authentisch-Tagebuchhafte, der in die Prosa übergehende Rhythmus des Gehens durch Stadt und Geschichte - all das genau mein Blues.

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