Tuesday, March 25, 2014

Sasa Stanisic - Vor dem Fest

Tolles Buch über ein Dorf in der Provinz. Klar, es ist Uckermark, könnte in vielen aber auch Allgäu sein. Ein Reigen von Personen und Geschichten a la Winesburg, Ohio, nur menschlicher, mit Humor und großer Lebensneugier.  Seit langem mal wieder ein Buch, das ich noch mal lesen will, weil ich den Eindruck habe, noch vieles nicht entdeckt zu haben. Und Nirvana kommt auch wieder vor.

Mirko Bonné - Nie mehr Nacht

Ein mir irgendwie sympathischer Autor,  nur lassen mich seine Bücher immer seltsam unbefriedigt. Auch hier mehrmals gedacht,  was das eigentlich soll. Inzestuöser Endvierziger fährt mit verwaisten Neffen nach Frankreich,  um Brücken zu zeichnen, in Wirklichkeit aber, um sich selbst abzuschaffen, weil er den Selbstmord seiner Schwester nicht verwindet. Die Dialoge zum Beispiel sind schwach, immer schlägt einer ein tiefschürfendes Intimregister an, das nicht nur Situation passt. Auch fragt man sich, warum alle so unglaublich sanft mit diesem doch recht unhöflichen Typen umgehen, der manchmal unreifer wirkt, als der pubertierende Neffe. Zudem ist das alles sehr konventionell erzählt, sprachliche Überraschungen gibt es keine. Dafür sind mir aber dann Personen und Handlung zu dürftig. Muss gestehen,  mich doch sehr gelangweilt zu haben. Nur hin und wieder etwas von der Moll-Stimmung angesteckt. Und noch eine Beobachtung: Buchpreiskandidatenbücher scheinen mindestens einmal Nirvana referenzieren zu müssen,  vorzugsweise bashend.

Tuesday, March 18, 2014

Lisa Kränzler - Nachhinein

Lange vermieden, dann wie eine Pflichtübung angegangen. Im Lauf der Lektüre mehr und mehr überzeugt, etwas Besonderes vor mir zu haben. Geschichte einer Kinder- und Jugendfreundschaft zwischen Mädchen aus Gutbürgerhaus und Prollfamilie. Freundschaft ist ja irgendwie das Hauptmotiv der Literatur überhaupt. Die große Kunst des Romans besteht in seiner Perspektive. Scheinbar steht die Entwicklung der Behüteten im Vordergrund, doch von ihr unbemerkt spielt sich der wahre Schrecken des Romans ab. Kränzlers Sprache dabei radikal, reich an Erfindung, kompromisslos kühn. Eine Autorin, die sich nicht scheut, über Schmerzgrenzen zu gehen. Echte Literatur.

Sunday, March 16, 2014

Peter Härtling - Tage mit Echo

Härtling noch einmal. Noch einmal - weil Tage mit Echo auch daher kommt, wie ein Abschiedsbuch. Schon das Konzept mutet fragmentarisch an. Zwei Erzählungen, die erste über einen Vorleser, der nur noch aus letzten Werken lesen will und die Jahrestage und den Stechlin in voller Länge an den jeweiligen Handlungsorten vorträgt und dabei u.a. seltsame Wiedergänger aus den Romanen kennenlernt. Diese Erzählung bricht Härtling dann aber plötzlich ab, verweist noch auf die Liste an letzten Werken, die der Vorleser auf seiner Tournee zum besten gegeben haben soll und wendet sich dann einer ganz anderen Erzählung zu, und zwar einer typisch Härtling'schen Lebensbeschreibung des Zeichners und Malers Carl Philipp Fohr, die sehr schön ist und in der man vieles wiederfindet, was man seit seinem Hölderlin so an Härtling liebt.

Friedrich Ani - M.

Süden, der melancholische Detektiv, sucht einen Taxifahrer/Neonazi/verdeckten Ermittler. Die wirklichen Verbrechen geschehen oder werden aufgeklärt erst im Zuge dieser initiierenden Ermittlung. Das ist das Süden-Konzept: Ein Mensch verschwindet aus der Welt, durch den atmosphärischen Riss, der durch diese "Vermissung" entsteht, dringen alte Schuld, Traumata, neue Abscheulichkeiten. Und am Ende findet Süden den Fehlenden, stellt das zerbrechliche Gleichgewicht, die Welt auf der Kippe, wieder her. Für den Augenblick. Stark an den Ani-Büchern sind Personen und Atmosphäre. Kenne kaum Bücher, bei denen so viel echte Welt durchkommt, was sich vor allem der Sprache verdankt, die Ani zugunsten der Authentizität einfach mal stehen lässt.

Joe R. Lansdale - Ein feiner, dunkler Riss

Man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen. Dagegen sind so viele (gute) Bücher blass. Ein Junge im Süden der USA, es sind die 50er Jahre, der "feine dunkle Riss" geht durch das Volk, trennt Schwarze und Weiße. Über diesen Riss hinweg schließt der Junge gegen alle Ressentiments Freundschaften mit den Menschen auf der anderen Seite. Darunter ein alter, trinkender Filmvorführer, Detektiv in einem früheren Leben, mit dem er ein schreckliches Verbrechen aufklärt. Starke Atmosphäre, dabei sehr spannend. Huckelberry Finn meets Mocking Bird meets SIEBEN. Man sollte alles von Lansdale lesen!

Wednesday, March 05, 2014

Olga Martynova - Mörikes Schlüsselbein


Schöner Roman mit Nabokovschen Humor und einer guten Prise russischer Schwermut. Eine Handvoll Personen, Dichter, Gelehrte, angehende Schriftsteller, Agenten kommen in Wohnungen zusammen, reden über Poesie und trinken Tee aus der Untertasse. Alles ist Stimmung, manches zum In-sich-Hineinlächeln.