Thursday, December 24, 2009

Poeten der Nacht von Barry McGrea

Homosexueller Literaturstudent entwickelt eine Abhängigkeit von sogenannten Sortés. So nennt man es, wenn man Bücher als zufällige Ratgeber benutzt, also einfach aufschlägt und die nächstbeste Passage als Orakel benutzt. Das ganze wird zu einer Obsession, die ihn um seine bürgerliche Existenz bringt.

Die Idee ist gut.
Aber leider schlecht umgesetzt. Das ganze ist viel zu breit, tausend Unwichtigkeiten werden erzählt, wahrscheinlich um Atmosphäre zu schaffen, was aber nicht gelingt. Der Held benimmt sich idiotisch, ist unsympathisch und schwach, die Sprache häufig klischeehaft.

Froh, es los zu sein.

Samuel und die Poesie des Alltags oder so ähnlich

Harmloses Büchlein der blauen Kategorie. Etwas Amelie, nur weniger charmant.

Las es in einem Rutsch, um's weg zu haben.

Saturday, December 19, 2009

Der verlorene Abend - Wolfram Fleischhauer

Ein tolles Buch. Warum bin ich nicht schon früher auf diesen Autoren gestoßen? Wahrscheinlich weil ihn das Verlagsmarketing in irgendeiner Genre-Ecke versteckt hat.

William Boyd - Eines Menschen Herz

Am Ende des Jahres ein großes Buch nach dem anderen. Habe es vor einem halben Jahr gekauft, mehrmals angefangen und immer wieder zurückgestellt. Jetzt hat es mich voll gepackt.

Eine Lebensgeschichte, epochenumspannend, in Form eines fiktives Tagebuchs.

Wegen solchen Büchern lese ich Romane. Da entfaltet sich ein ganzes Lebens, von der ungestümen Jugend über die Arroganz des ersten Erfolges bis hin zum Scheitern und zur Weisheit des Alters.

Großes Kino.


Tuesday, December 08, 2009

Sharpes Feuerprobe

Der erste Sharpe, nach einigen Anläufen auf einen Ruck durchgelesen.

Nicht ganz so toll, wie die Artus-Bücher. Das liegt daran, dass hier Sharpe alles selbst machen muss, was die ganze Sache etwas sehr unwahrscheinlich macht. Bei Artus ist es immerhin die ganze Clique.

Wie immer toll bei Cornwell die historische Verlässlichkeit und das Vermeiden von simplen Schwarz-Weiß-Malereien.

Das Schweigen - Jan Costin Wagner

So gut wie sein erstes Buch. Ein Buch, wie ein langes Nick Cave-Lied: Melancholisch, melodiös, schön.

Mit diesem schweigsamen Ermittler ist Wagner eine ganz besondere Figur gelungen. Er ermittelt gleichsam von außerhalb des Lebens.

Monday, November 30, 2009

Stephen King - Sunset

Dass ich ein großer Fan war und bin, habe ich schon mehrmals gesagt. Aber.
Es scheint da so einen Knick in seinem Werk zu geben. Ab diesem Knick erinnern mich die Bücher an die Metallica-Scheiben nach Hatfields Entziehungskur.
Es fehlt das Fließende. Da ist vieles so gewollt, bemüht, unwahrscheinlich.
Es klingt böse, aber früher waren King-Bücher richtig gute Cocktails. Heute sind sie wie alkoholfreies Bier oder koffeinfreier Kaffee.
Das soll nicht heißen, dass ich glaube, es liegt daran, dass King keine Drogen oder Alkohol mehr zu sich nimmt, bewahre! Ich glaube, der Knick kam schon früher. Ich glaube, etwa um die Stark-Zeit. Fest steht, es fehlt der Schwung.
Viele Autoren entwickeln in ihrem späteren Werk so etwas gelassen, altweises, humorvoll, langweiliges. Oft sind das ihre besten Bücher.
Bei King sieht es fast so aus, als stünde ihm dieses Register noch nicht zur Verfügung. Vielleicht, weil das Horror-Genre etwas Jugendlich-Pubertäres an sich hat.
Sunset also.
Die erste Geschichte von dem Pfefferkuchen-Mädchen zählt zu den schlechtesten Geschichten, die ich je gelesen habe, sorry. Die Heldin, Joggerin, die sich nach dem Tod ihres Kindes auf eine einsame Insel verkriecht und dort in die Fänge eines Psychos gerät, ist so dermaßen dämlich, dass man während der gesamten Lektüre nur den Kopf schüttelt. (Nachdem es ihr gelungen ist, den Schurken notdürftig einzusperren, macht sie sich seelenruhig auf Hausbesichtigung, bis der andere wieder frei ist und mehr so Zeug.)
Habe den Rest dann so hingenommen. Ich weiß wirklich nicht, ob ich die Arena noch mitnehmen werde.
Wahrscheinlich.

Saturday, November 28, 2009

Arthurs letzter Schwur - Bernard Cornwell

Plötzlich lag es in der Buchhandlung. Heiß erwartet, aber erst für Dezember. Gleich gekauft und nahtlos angeknüpft. In weniger als vier Tagen war ich durch. Die letzten 200 Seiten wie immer fast in einem einzigen Zug. Konnte gar nicht satt werden von dieser Geschichte, die jetzt zu Ende ist.

Zwei Stränge: Nimue will die alten Götter zurückholen. Das entsprechende Ritual ist barbarisch und entzweit sie mit den "Guten" rund um Arthur. Sie verhindern es in letzter Minute.
Die Sachen kommen, es gibt eine große Entscheidungsschlacht.
Die Post-Sachsen-Kriegsordnung ist fragil. Verschiedene Anwärter konkurrieren um den Thron.
Nimue verfolgt weiter ihren dunklen Plan. Sie wird immer barbarischer und rücksichtsloser.

Schluss - wie Herr der Ringe
Am Ende geht es einem, wie mit jeder großen Geschichte. man will diese Welt nicht verlassen. Man will bei diesen Figuren bleiben. Aber Artur segelt in den Neben von Avalon, nur Derfel, der treuherzige, aufrichtige Erzähler bleibt zurück. Der Schluss gleicht dem der Herr der Ringe-Saga. Da ist es auch der wackere Sams, der in im Alltag zurück bleibt, während der Rest der Crew ihre Reise in den Mythos antritt.


Monday, November 23, 2009

Halbschatten? Uwe Timm

Da steckt etwas vom englischen Patienten drinnen: Fliegen, Liebe. Schöne Leich.

Aber so recht romanhaft will sich die Liebesgeschichte zwischen der Pilot-Pionierin und dem Dandy-Waffenschieber-Spion nicht entwickeln. Ausgetauscht wird nur keusch ein Zigarettenetui. Das ist ein prima Novellen-Motiv.

Vielleicht hätte es das auch getan.

Schrei nicht so laut - John Harvey


Der Kriminalroman als zeitgenössische Form des Sozialdramas

Sozialdrama. Das klingt nach etwas Langweiligem. Nach Schule, Psychologie, Sozialpädagogik at it's worst.

Habe das Buch nach 20 Seiten weggelegt.

Dann, nach zwei Tagen weitergelesen.

Sozialdrama. Das ist ist die Form, in der wir uns am besten wiedererkennen. Hier werden uns Spiegelbilder, Rollenmuster, Bioografien und Konflikte geboten, die wir nachvollziehen können, die wir empathisch miterleben dürfen, in denen wir uns auch zu einem Teil ausleben können.

Schrei nicht so laut ist so ein Sozialdrama. Völlig unaufgeregt werden hier Lebensläufe aneinandergereiht, die mitten aus dem Leben gegriffen scheinen.

Ok, manchmal wirkt es etwas überzogen. Der Büchnersche Determinismus, der in den Tätern
am Wirken ist, scheint manchmal etwas konstruiert.

Konstruiert in dem Sinne, dass man hier Eigenschaften und Merkmale einer sozialen Umwelt häuft, von denen der Autor annimmt, dass sie das Verhalten der Killer - zu einem gewissen Grad jedenfalls - erklären können.

Aber dann sollte man sich vor Augen halten: Es ist eben doch ein Roman. Und ein Roman als eine Form der Unterhaltungskunst will wirken. Daher die Häufungen.

Killer entromantisiert
Und es ist ja gar nicht unbedingt der Killer, mit dem wir uns hier identifizieren wollen. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, hier ist der Serienkiller entromantisiert. Das tut gut angesichts des Kultes der ja oft um ihn getrieben wird.

Nein, es sind die normalen Menschen, das Drama des Alltags, das seine nachhallende Wirkung hinterlässt.

Die Ehe des Ermittlers zum Beispiel, von der man eigentlich gar nicht sagen kann, woran sie kaputt gegangen ist.

Die Versuche der Menschen in mittleren Jahren, in ihrer eingerichteten Welt zurecht zu kommen. Die Leere, von der sie umgeben sind. Die Strategien, die sie dagegen aufwarten.

die Leere
Der Ermittler zum Beispiel liest Bücher. Das hat man als Leser gerne, denn es ist ja die eigene Strategie. Aber er liest sie ohne Ambition. Sein einziges Motiv: Er will damit die Leere überbrücken, die lange Zeit füllen.

Aber das ist nicht alles, was er tut. Er sorgt auch für Gerechtigkeit. Er schafft das, indem er nicht locker lässt. Indem er unbequeme Wege zu Ende geht. Das ist das andere. Das eigentliche Gegenstück, gegen die Leere.

Warum das Buch gut ist?
  • Weil es das Drama des normalen Menschen wiedergibt, ganz unaufgeregt, nüchtern.
  • Weil es sich am Ende auflöst, es die Erholung der Seele vom Dauerkonflik des Daseins erlaubt.
  • Weil jeder Figur Raum gelassen wird, ihre Art und Weise zu rechtfertigen, mit dem Drama fertig zu werden.
  • Weil es eine solide Moral liefert, ohne sie zu predigen.
  • Weil all diese Ambitionen ohne Prunk serviert werden.
  • Weil es den x-te Typus des einsamen, gescheiterten Detektives auffährt. Es funktioniert wieder, es untermauert den modernen Mythos.
  • Die Hauptfigur liest Dickens und antwortet auf die Frage, warum er die (gerade) langweilige Lektüre nicht abbreche, er könne einfach die Dinge nicht auf sich beruhen lassen.

Ich weiß nicht, ob ich noch viele Romane von JohnHarvey lesen werde. Schließlich gibt es noch so viele andere, aufregendere Versuche, dem Drama Existenz beizukommen.

Aber: Nach der Lektüre habe ich mich tatsächlich etwas beim nachdenklich sein ertappt. Das geschieht nicht oft. Schließlich ist man ein erfahrener Leser. Geneigt dazu, die Sachen schnell abzutun.

Das hier kam noch mal zurück. Durch die Hintertür. Sozialdrama.

Friday, November 06, 2009

Auferstehung der Toten - Wolf Haas


Immer diese Enttäuschung am Ende von Kriminalromanen. Es gibt einen Satz an Figuren. Einer von denen war es.

Aber das ist Nebensache. Hauptsache hier: der Sound, das Besondere der Sprache, die in dieser Sprache entstehende Figur des Brenner. Das ist besser, als vieles, vieles der genrefreien Literatur.

Zugegeben: Beim ersten Versuch habe ich nichts mit diesem Idiom anfangen können. Aber jetzt hat es gewirkt. Vor allem als angenehme Entschleunigung.

Wednesday, November 04, 2009

Reisen im Licht der Sterne - Alex Capus

Eine Vermutung über Robert Louis Stevenson mit der Idee, Stevenson habe den Schatz der Schatzinsel vielleicht tatsächlich gehoben.

Ein sehr schönes Buch über einen unermüdlichen Glücksritter. Ein Abenteuerbuch voller unglaublicher kleiner Geschichten und Anekdoten über Menschen, die nicht locker lassen.

Anspornend.

Wallner beginnt zu fliegen - Thomas von Steinäcker

Gutes Buch, sehr schön, wie die drei Leben sich von Anfang bis Ende abspulen. Man erwartet das anfangs gar nicht, alles ist recht szenisch, man meint, einen Plottspinner am Werk zu sehen, dabei rinnt uneinholbar die Zeit davon, fast wie im Zeitraffer. Und dann hat man drei ganze Leben durchmessen.

Friday, October 30, 2009

Dan Simmons - Terror und Kinder der Nacht

Dan Simmons also. Ein sehr interessanter Autor. Fing mit Terror an, war begeistert und kaufte gleich einen ganzen Haufen Taschenbücher von ihm. Einer dieser Autoren, die U und E auf einer ganz anderen als der stilistischen Ebene verheiraten. Bei ihm geschieht in der Geschichte selbst.

Vorweg: Terror ist ein Epenteppich von monumentaler Wucht - lang, breit, wohlig und wärmend. Es geht um die gescheiterte Suche Sir John Franklins nach der sagenhaften Nordwestpassage im arktischen Ozean. Diese bleibt buchstäblich im Packeis stecken. Die beiden Expeditionsschiffe Terror und die Erebus frieren auf unabsehbare Zeit fest.

Jetzt beginnt der Kampf gegen das Element, also gegen Eis, arktische Gewitter, Hunger, Skorbut, Kannibalismus. Aber nicht nur mit diesen irdischen Fährnissen hat es die Besatzung zu tun. Auch ein bäriges Eismonster inuitmythischer Herkunft dezimiert die Mannschaft beträchtlich.

Was für das Buch spricht:
  • tolle Details, gründlich und ausführlich recherchiert, wie es zugegangen sein muss - angefangen bei der Kartographie über die Proviantversorgung bis hin zur Schiffsplankenstärke und ihre unterschiedlichen Materialien. Man bekommt also ein prima Sachbuch als Gratiszugabe
  • perspektivisches Erzählen, psychologisch stimmig, abwechslungsreich
  • epische Breite, die man gerne durchwandert
  • Spannung, Action, ohne zu unnötig zu splattern
  • ein doppelter Boden mit mythischen Koordinatensystem

Las dann auch gleich, weil es auf Halloween zuging, Kinder der Nacht. Hat mich weniger überzeugt. Ein besserer Dan Brown.

Jedenfalls: Dan Brown hat sich mit Terror in meiner persönlichen Favoritenliste weit nach oben katapultiert. Leigt etwa auf einer Stufe mit Cornwell.

Friday, October 09, 2009

Buddenbrooks - Film von Broloer

Am Ende bekräftigt Sesemi Weichbrod die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit all den verstorbenen Buddenbrooks durch ein kräftiges "Es est so".

So oder so ähnlich der Schluss.

Nur - kein Mensch kennt die Frau (im Film ist es sogar die Ida), sie ist gar nicht eingeführt. Und ohne die Person ist der Satz nichts wert.

Genauso so geht es die ganze Zeit. Dauernd kommen Sachen vor, die völlig unvorbereitet plötzlich eine Rolle spielen. Der Zahnarzt, das neue Haus, das Klavierspiel. Alles wird vor den Zuschauer hingestellt und gleich wieder weggeschoben. Nichts bleibt haften, diese Welt scheucht einen hin und her und lädt nie zum verweilen ein.

Die Schauspieler sind alle ohne Ausnahme völlig verloren in Kostüm und Kulisse. Die Auswahl der Szenen mag sich zwar an den Schlüsselszenen des Romans orientieren, aber sie werden so lieblos runtergespielt, dass man eigentlich nur noch mit dem Kopf schüttelt.

Nach der Mann-Verfilmung, die wirklich großartig ist - ist der Film eine riesige Enttäuschung.

In der Zeit fragt sich der Rezensent, was Scorcese daraus gemacht hätte. Ich glaube, er hätte den Buddenbrooks in einem rauschhaften Bilderbogen ein filmisches Fest bereitet. Denn Scorcese kann Charaktere in Szene setzen. Davon ist hier gar nichts zu spüren. Und das bei einer Geschichte, die von ihren Figuren lebt.

Man nehme nur Everybody's Darling Toni. Im Buch ist sie noch keine 20, als sie in die Grünlich-Morten-Affäre verstrickt wird. Im Film ist sie eine Frau Anfang 30. Ihr ganze emotionale Misere bleibt völlig unverständlich. Mitgefühl kann hier nicht entstehen.

Alles ist plump, misstönend, unter Niveau. Als habe eine halbseidene Rumtata-Kapelle Fracks und Instrumente der Wiener Philharmoniker gemopst und führe damit einen völlig verhunzten Beethoven auf.

Wenn jemand die Buddenbrook nicht kennt - nach dem Film wird er niemals zum Buch greifen wollen.

Wednesday, October 07, 2009

Simple Storys - Ingo Schulze

Lange im Regal stehen gehabt und beim dritten oder vierten Anlauf endlich gelesen. Trotz Fremdheit gegenüber Personen, Ereignissen und Komposition manchmal richtig abgetaucht.

Jedoch, Fontane klagt einmal über die russischen Realisten, dass ihm da etwas fehlt. Mit Romantik und Verklärung ist dieses Fehlen nur schlecht bezeichnet. Jedenfalls, es weht einen nichts an. Alles nackt, staubig, trostlos. Es fehlt der Blues.

Die Witwen von Eastwick - John Updike

Die hohe Kunst des Meisters blitzt auf jeder Seite auf.

Dennoch, als Schlusswort eigentümlich unbefriedigend.

Werkstattgespräche mit Schriftstellern - Horst Bienek

Vergnüglicher und interessanter Rückblick auf einstige Literaturstars.
Kaufte zwei Bücher danach: Hermann Kesten, Meine Freunde, die Poeten und eines Robert Neumann.

Unendlicher Spaß

Ich gestehe: abgebrochen auf Seite 280.

Nach gründlichem Abwegen zu dem Ergebnis gekommen: Der Aufwand dafür, die vermuteten Reize des Buches zu erschließen zu groß.

Das steht es jetzt in dem Regal, ziegelsteindickes Mal eines Leseversagens.

Oder?

Tuesday, September 22, 2009

Der Kaiser von China

Als Lesung. Irving'haftes Halbartistenmilieau, nur wie häufig in der deutschen Literatur künstlicher, maskierter. Einfall sehr frisch, alles sehr lebendig und mit dem Mut, aus dem Standard auszubrechen.

Updike - Glücklicher war ich nie

Der erste Band der frühen Erzählungen. Bis auf wenige Ausnahmen alle grandios. Bemerkenswert: Updike will die gesamten drei Bände, also zusätzlich zu diesem noch zwei weitere mit frühen Erzählungen, als eine Art Bildungsroman verstanden wissen.

In Glücklicher... dreht sich ein Großteil um die Kindheit und Jugend des Helden, der hier viele verschiedene Namen trägt, in Olinger, um eine Studienreise nach England und um seine Zeit in Harvard.

  • Der glückselige Mann von Boston, der Fingerhut meiner Großmutter und Fanning Island - poetische Beschwörungen am Rande zur Lyrik. Keine Handlung und Beschreibung von Stimmungsbildern. Teilweise pathetisch
  • Das luzide Auge in der Silberstadt - Porträt des Vaters (des Zentauren), ebenso wie Heim u.a.
  • Flügge- wiederkehrendes Motiv der im letzten Augenblick doch noch erlebten kleinen Liebe

Das ist alles so gut, Updike braucht nie den großen Stoff, der würde eher stören. Das Normale, das nunc stans, minimale Bewegungen sind mehr als genug für ihn. Es bringt es zum leuchten aus sich heraus.


Sunday, September 13, 2009

Einige Erzählungen von Tolstoi und Updike

Vom unendlichen Spaß brauche ich Pausen, Abwechslung und viele davon. Da passen am besten die langen Kurzgeschichten dazwischen, die man früher Erzählungen genannt hat. Zum Beispiel Tolstoi.

Hadschi Murat - würde bei deutschen Autoren heute durchaus als Roman durchgehen. Die Erzählung offenbart, wie unglaublich gut dieser Mann erzählen konnte. Lauter kleine Kapitel, die sich kurz in den Tag einer Figur blenden, angefangen beim Tartarten-Überläufer über den gemeinen Gefreiten auf der Krim bis hin zum Zaren. Details und Alltägliches schmiegen sich so leicht und passgenau in den Ablauf, dass eine Art ökonomischer Realismus entsteht, den nicht einmal der Film erreichen kann. Großartig.

Der Teufel - auch klasse, wenn auch nicht so breitpalettig, wie Hadschi Murat. Allerdings ist uns diese Art von Moralismus heute nicht mehr so nah. Auch schnurrt die Geschichte nicht ganz so schön ab, wie der Murat (z.B. ist die Ehefrau des Helden auf der Strecke geblieben).

Und dann auch wieder Updike. Er gehört zu jenen, zu denen J.L. mehrmals im Jahr ein großer Hunger erfasst (die anderen sind Th. Mann, Shakespeare, Hemingway, Stephen King).

Taubenfeder - da hat mich die relegiöse Wende am Ende nicht ganz überzeugt. Das konnte er manchmal nicht lassen. Hemingway - der so etwas nie geschrieben hätte, jedenfalls nicht so - hätte den letzten Satz gestrichen.

Die christlichen Mitstudenten - hat auch einen religiösen Touch, zeigt aber sehr schön in nuce jene sonderbaren Formen von Kurzbeziehungen, die einem das Leben manchmal aufnötigt und vor denen man dann ein wenig hilflos wird und die einen unangenehme Seiten in einem selbst entdecken lassen.

Ace ist Trumpf - die erste Updike-Erzählung. Hat mich kalt gelassen. Mn muss ja nicht alles kaufen, es gibt so viel von ihm. Wenn auch nicht unendlich viel. Das leider nicht.

Freunde aus Philadelphia - sehr hübsch pointiert.

Ich glaube, Updike war der größte Autor zu meinen Lebzeiten. Die Amerikaner stellen Roth ja manchmal ein bisschen weiter nach vorne. Ich mag ihn auch, aber Roth hat einfach nicht diesen unglaublich aufmerksamen Blick auf die Welt.

Hörte bei Joggen soeben übrigens die sehr schon Gedenkfeier in New York. Was muss das für ein toller Mensch gewesen sein.

Er hätte sicher noch gerne weiter gelebt.

Zurück zum unendlichen Spaß.

Die Romantik - Rüdiger Safranski

In der Hörfassung von Audible, vor allem gehört auf Bergwanderungen durch die Wildschönau.

Ich fand es tröstlich, so viel gutes über die Romantik zu hören, ist sie doch in den letzten Jahrzehnten ziemlich unter die Räder gekommen. Zu Unrecht: In ihr gibt es lauter Perlen von Ideen, die das Dasein auf diesem so smart gewordenen Planeten bereichern.

Wie diese Quintessenz der Romantik von Novalis, diesen Evergreen alles Romantischen:

Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.
Dem Gemeinen einen hohen Sinn geben, dem gemeinen Gang zur Arbeit, den gemeinen Gesichtern im Pendlerzug, den gemeinen E-Mails im Postfach mit den gemeinen Aufgaben für den gemeinen Tag - das Bedarf geübtem Phantasie-Scretchings. Was denkt die gemeine, nicht mehr ganz junge Frau gegenüber wirklich und wovon träumt sie mit dem halbgeöffneten Schlafmund? Und wie wäre es, wenn sie eine Widergängerin einer Mutter, einer Braut, einer Ehefrau wäre, die einmal im Schatten einer Wolkenstein'schen Burg einen ähnlichen Traum nachging - oder sogar einem identischen?

Klar, ist die Romantik immer nahe am Kitsch und am Sentimentalen - und was anderes ist die Aufforderung von Novalis. Aber es müssen ja gar keine Postkarten sein. Selbst die Warenwelt mit ihren Magazinen und Werbespotts ist heute voller - ja: romantischer - Hinterhöfe, Schrott und grauem Wetter.

Freilich, manchmal ist man zu müde, sind die Fensterläden der Imagination so völlig vernagelt, dass es einfach nicht geht - das romantisieren. Auch das hat die Romantik aufgenommen - in Form von Weltschmerz und Langeweile.

Fazit: Die Romantik ist nicht irgendeine Epoche, sondern sie zählt zur psychischen Disposition eines entwickelten Bewusstseins. Nur weiß dieses manchmal nichts davon. Oder hat es vergessen. Es ist Safranski zu danken, dass er dem in seinem Buch gegensteuert.

Tuesday, August 18, 2009

Der lange Schlaf - Jonathan Lethem

Hat viel Spaß gemacht. Sehr schön die Chandler-Parodie bis in die Vergleiche. Dabei weht einen sogar noch etwas mehr an. Orwellsches.

Titus Müller - Titel vergessen

Ein Mittelalterroman über den man bestimmt vieles sagen kann. Gut recherchiert, interessante Charaktere, geheimnisvoller Plott usw, usf.

Nicht ganz bis zur Hälfte gekommen. Die Magie hat sich nicht eingestellt. Kalt.

Der Turm - Uwe Tellkamp

Gekürzt als Hörbuch. Zeigt einen, was für ein mieser, dreckiger Sklavenhalterstaat die DDR war. Und was für arme Duckmäuser er hervorgebracht hat. Und dass man es ihnen auch nicht verdenken kann. Nostalgikern sei eine 12 h-Schicht in so einem greulichen Chemiewerk empfohlen.

Hörte im Vorfeld viele Buddenbrooks-Vergleiche. Schwachsinnig. Bürger + Familie = Buddenbrooks. Für so armselige Klassifizierungen braucht man keine Literatur.

Außerdem: Der Schwerpunkt scheint ja wohl bei der Militär- und Gefängnisstory zu liegen. Mit Buddenbrooks hat das alles so gar nix zu tun.

Zeigt aber, wie gerne man mal wieder so einen Fels durchs Land rollen würde. Sind aber immer nur Schutt und Steinchen.

Drei - Stephen King

Liege wohl schon etwas über meiner jährliche Stephen King-Dosis. Mit der Turm-Saga werde ich nicht recht warm. Mühsam. Im Anbetracht der Tatsache, dass die nächsten Turmbücher noch um einiges dicker sind, werde ich da wohl kaum bis nach ganz oben steigen.

(Was mich an King mit zunehmenden Alter stört, ist seine Vorliebe für eruptive Körperausscheidungen von Menschen unter Stress.)

Also, der Turm wird es nicht. Blaze hingegen war ziemlich gut. Wenn der Dome steht, werd ich mir den mal anschauen.

Saturday, August 08, 2009

Ed Wood Company spielt Gangsterballade






Am Donnerstag endlich die Uraufführung der Gangsterballade. Die Bude war voll, dem Publikum scheint es gefallen zu haben. Vielleicht ist das Stück doch nicht so übel?
































































Monday, August 03, 2009

Gangsterballade auf den Weichter Kulturtagen


Am Donnerstag ist es so weit.
Weltpremiere!

20:30 Gangsterballade mit der ED Wood Gruppe / Theaterstück

Eintritt Ausstellung: 3,– Euro
Workshop Beitrag: 4,- Euro
Theaterstück: 6,– Euro incl. Ausstellung
* Ermässigter Eintritt möglich
Die ED WOOD COMPANY präsentiert
GANGSTERBALLADE
Ein Gaunerstück in klassischer Manier

Die Ed Wood Company freut sich darauf, zu den Kulturtagen erstmals ihr neues Stück auf die Bühne bringen zu dürfen. Gangsterballade ist ein klaustrophobisches Fünfpersonen-Stück aus den Folterkellern des organisierten Verbrechens: Der kleine Ganove Speedy Mick ist dem örtlichen Mafia-Paten Reibach in die Schusslinie geraten und versucht sich dessen Killern zu entwinden. Gleichzeitig entbrennt ein Bandenkrieg zwischen rivalisierenden Gangs, der die Machtverhältnisse der Unterwelt neu verteilt. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit...Gangsterballade ist ein sehr schwarzes Stück rund um Rache, Liebe und das harte Handwerk des Mordens. Es spielt die Ed Wood Company in der Besetzung Daniela Nehring, Gerhard Kugelmann, Harald Pleier, Christoph Vogg und Jörg Lenuweit.

Saturday, August 01, 2009

Zugzwang

Ziemlich maues, blutarmes Ding von einem Thriller, Heruntergerissen.

Monday, July 27, 2009

Haffners Liebe zum Unentschieden - Glavinic

Nette kleine Schachgeschichte über den schmalen Grat zwischen Erfolg und Scheitern, zwischen einem glanzvollen Erdendasein und einem Armengrab, zwischen Kaviar und Hummer. Schönste Stelle am Schluss: Haffner gewährt viel schlechterem Spieler in Siegstellung ein Remis und vergibt dadurch Turniersieg. Danach geht er ins Café und beobachtet schmunzelnd und unerkannt, wie sich der andere brüstet und freut.

Dunkle Schuld - Sallis

Das war mein zweiter Sallis nach Driver und ich fand ihn fast noch besser. Während Driver ein kompaktes, geradliniges und reines Krimimeisterstück ist, gibt es in diesem Südstaaten-Regionalkrimi neben einer eher gemütlich vor sich hin spazierenden Handlung hunderte von kleinen Skizzen, Episoden, abgebrochenen Lebensläufen der Verlierer des heutigen Amerika. So entfaltet sich ein schreckliches Sozi-Panorama, gegen das die Hölle wie ein harmloser Schrein aus dem europäischen Mittelalter wirkt.

Turner, die Hauptfigur ist selbst ein gebrochener Typ: Ex-Literaturstudent, Ex-Vietnamkämpfer, Ex-Cop, Ex-Knakie und Ex-Pychotherapeut ist er an allem gescheitert und hat sich jetzt zurückgezogen, irgendwo aufs Land, in ein Nirgendwo-Tennessee. Doch dann geschieht in der nahen Kleinstadt ein Mord und man zieht ihn als Berater hinzu. Und er nimmt Witterung auf...

Man sieht den Film schon direkt vor sich. In der Hauptrolle Clint Eastwood, als Sheriff Gene Hackman.

Sallis fährt das beste auf, was ein Autor von heute zu bieten hat: prägnante, nicht zu glatte Sprache, pointierte Dialoge, Atmosphäre, überraschende Beobachtungen, Figuren mit Profil und Background.

Ich freue mich schon auf weitere Sallis-Veröffentlichungen hierzulande.

Tuesday, July 21, 2009

Qual (Blaze) - Stephen-Richard Bachmann-King

Das alljährliche S.K.-Fieber. Diesmal noch besser kuriert als letztes Jahr. Eines aus der goldenen Zeit. Man merkt es. Ein ganz geradliniges Buch im Stil von Steinbecks Von Mäusen und Menschen.

Der Charakter des helden ist ein Wagnis, man nimmt ihn die Dummheit gerade so ab. Die einflüsternde Stimme als Behelf in Ordnung, aber nicht ganz überzeugend. Blaze müsste eigentlich schizophren sein. Dafür ist er aber zu klar. Wunderbar wie immer beim frühen King die Schilderung von Jugend und Kindheit.

Zum Würgen: Die Manie des Verlags, alle S.K.-Titel gnadenlos zu verstümmeln. Warum hier nicht Blaze? Ist auch nur ein Wort. Qual, so der deutsche Titel, ist weniger als nichts. Totaler Mumpitz.

Die Gosse und das Grab - Ed McBain

Sehr schöne Nostalgie-Reihe das. Ahnte zwar gleich, dass es (vorsicht Spoiler) die Sängerin ist, aber das liegt wohl am kollektiven Krimigedächtnis, das von solchen Urgeschichten genährt wurde.

Gemocht: Die Geradlinigkeit und ein paar der Stimmungsbilder.

The collected works of T.S.Spivet - Reif Larson

Schönes Buch, das sofort in die Augen fällt: Die Karten und Diagramme des genialen 12-jährigen Protagonisten sind größten Teils am Rand abgebildet. Die Tristam Shandy'sche Abschweifung als gezeichnete Marginalie. Figuren mit Kalkül gewagt.

Der Graf von Monte Christo - Alexandre Dumas (Vater)

Letztes Jahr einmal günstig in drer 1200-Seiten-Insel-Ausgabe erworben. Ganz angetan von dem Reichtum: Gestalten, Schauplätze. Personen, Ideen.

Aber dann, ziemlich genau in der Hälfte, abgedriftet, Personen verloren, aus dem Bann gefallen. Schade. Ob es noch eine Gelegenheit gibt?

Letzten Endes hat das dann doch zu wenig mit einem selbst zu tun.

Tuesday, June 30, 2009

Adiós, Hemingway

Kurzer Roman aus Kuba mit schöner Idee: Auf der Finca Hemingways wird Jahre später die Leiche eines FBI-Agenten gefunden. Wer hat ihn getötet? Hemingway selbst. Das Ereignis markiert die letzte tragische Wende im Leben der Kultfigur.

Ein Buch über das Verhältnis zwischen Kuba und Hemingway. Es gibt einige sehr euinfühlsame Abschnitte aus der Perspektive Hemingways.

Friday, June 26, 2009

Kaltenburg - Marcel Beyer

Marcel Beyer hat es mit den Tieren. Hier vor allem mit Vögeln. Take away: Leben ist beobachten. Kaltenburg ist interessant, aber man weiß nicht recht, wo es hingeht.

Szene: Der Vater und der Held suchen Blumen am Bahndamnn, während ein Zug gen KZ vorbeifährt, ohne von den beiden beachtet zu werden.

Marcel Beyer - weiter beobachten.

Die Stadt am Ende der Zeit - Greb Bear

Ein Science Fiction-Roman einmal, vor allem überredet durch den hervorragenden BR2-Divan.

Habe es nach der Hälfte weggelegt. Interessant ist das ganze Thema schon (Parallelwelten, die sich kanibalisieren). Zu viele Leute, 400 Seiten Dauerzusammenbruch, die Bilder zu abstrakt.

Radetzkymarsch - Joseph Roth

Joseph Roth - das ist so ein Autor, dem auf Anhieb meine Sympathie gilt. Er steht schön quer zu allem möglichen: War Jude, Katholik, Monarchist, Top-Journalist und Voll-Alkoholiker.
Radetzkymarsch also. Drei Generationen Kaisertreue - bis zum bitteren Ende. Melancholisch. manchmal ironisch. Tendenz: Die alte Welt war schön und in vor allem schön in Ordnung. Zusammenghalten hat sie der alte Kaiser. Diese Welt geht unter, der Kaiser stirbt. das ist schade, lässt sich aber nicht verhindern. Jetzt gibt es nichts mehr, an das man sich halten kann.

Das besondere an dem Buch ist der Stil. Besser, das heißt: klarer, lebendiger, bildreicher kann man nicht schreiben. Das hat einen ganz besonderen Sound und Rhythmus, den man unter tausenden wiedererkennen würde.

Joseph Roth - immer wieder.

Friday, June 19, 2009

Arthur - Bernard Cornwell

Las in kurzer Zeit die ersten beiden Bände und fühlte mich auf einmal an die Zeit erinnert, als man sich mir einem Karl-May-Buch an einem Regentag ins Bett, in den bequemsten Sessel des Hauses oder unter einen Schrank verzogen hat, um sich wegzubeamen.

Warum diese Bücher so toll sind:
- wegen der sehr sympathischen Erzählerfigur
- weil alle Gestalten ordentlich gegen den Strich gebürstet sind
- weil alles schon ausgewogen ist zwischen Action und Idylle
- weil man dieses England irgendwie kennt und liebt
- weil das ganze unglaublich detailreich präsentiert wird, ohne dass der Autor damit prunken will

Kann das Erscheinen des nächsten Bandes nicht erwarten.

Wednesday, May 20, 2009

Winterkönig - Bernard Cornwell

Ein Abenteuerroman von echtem Schrot und Korn, wie man sagt. Cornwell hat sich in seiner Anfangszeit an Forsters Hornblower orientiert. Die Bücher habe ich auch gelesen, entliehen der Buchloer Stadtbücherei. Roald Dahl soll er übrigens auch als Mentor gedient haben. Abenteuerromane für jedermann, Geschichten, die einen nie enttäuschen.

Las die knapp 700 Seiten fast in einem Rutsch. Besonders sympathisch ist der Erzähler, Derfel, er wirkt etwas naiv und schlicht, treuherzig ist wahrscheinlich das treffende Wort, dem Genre entsprechend, aber durch ihn und seine praktische, unverklärte Sicht auf die Geschehnisse sind alle Figuren und die gesamte Handlung plastisch, glaubhaft, realistisch Und Realismus ist das höchste Gütekriterium für historische Romane. Hier ist Arthur eine durchaus schillernde Figur, Lanzelot ein Arschloch, Merlin ein Zyniker. Bei den Schlachtenschilderungen geht es nicht um Ruhmestaten, sondern um das Handwerk des Tötens, also wie man Schildwälle bildet, warum Pferde nichts gegen sie ausrichten können, Angst und Euphorie der Schlacht usw.

Ein Abenteuerbuch. Ein echtes, ein gutes.

Wednesday, May 13, 2009

Die Lage des Landes/die Abschaffung der Arten

Hi A.,

von dem Buch habe ich gehört und mal bei einem Preisausschreiben mitgemacht, um es zu gewinnen, was leider nicht passiert ist. Habe aber das davor gelesen, "Dirac." Hat mir ganz gut gefallen, naja, 75 Prozent jedenfalls (die 25 Prozent, in denen es um so den alten Mathematiker ging weniger). Also, von dem, was ich über das Buch gehört habe, wäre es jetzt nicht erste Wahl - zu lang, zu abgedreht, zu parabelhaft, da hab ich immer das Gefühl, dass ich nach 10 Seiten weiß, wie es gemacht ist und müsste nicht weiter lesen - wie bei der "Arbeit der Nacht". Man nennt das Manierismus, glaub ich. Aber wahrscheinlich tu ich dem Buch unrecht, ich hab es ja gar nicht gelesen. Und ich werde es ganz bestimmt kaufen, wenn es bei Amazon bei der 5-Euro-Schwelle angelangt ist, allein schon wegen dem Cover (das grün ist, oder?). Viel, viel später werde ich es dann vielleicht auch lesen.


Also mein Tipp: "Die Lage des Landes" von Richard Ford. Vier Tage im Leben eines in die Jahre kommenden Immobilienmaklers in New Jersey. Rund 700 Seiten. Klingt das nicht wahnsinnig aufregend? Ich würde das Genre als "funkelnden Banalismus" bezeichnen. Es ist eines dieser Bücher, dass uns den Alltag durch einen Sprachglitter neu erfahren lässt. Mal erhellend, mal langweilig, im ganzen bereichernd. Ist übrigens ein Sequel, davor gab es den "Sportreporter" und "Unabhängigkeitstag". Um "Die Lage des Landes" zu lesen muss man die aber nicht kennen.


Ja, meine Frau ist gut angekommen. Die Busfahrt muss überraschend komfortabel gewesen sein, das doppelstöckig.


Bin gespannt auf deinen nächsten Tipp.


Grüße nach Berlin!

JL

-----Original Message-----
From: A.
Sent: Mittwoch, 13. Mai 2009 18:05
To: JL
Subject: Buchtipp des Monats



Hallo JL,

um meinem Plan, regelmäßig mit dir Buchtipps auszutauschen doch noch nachzukommen: Mir ist doch noch ein gutes Buch eingefallen, dass ich in letzter Zeit gelesen habe und weiterempfehlen kann:

Dietmar Dath: Die Abschaffung der Arten

"Das Zeitalter, das wir kennen, ist längst eingeschlafen. Wo einmal Europa war, gibt es nur noch drei labyrinthische Städte, die eher gewachsen sind, als daß sie erbaut wurden. Die Welt gehört den Tieren. Fische streiten über Sodomie, Theologinnen mit Habichtsköpfen suchen in Archiven nach Zeugnissen der Menschheit, und Cyrus Golden, der Löwe, lenkt den Staat der drei Städte. Als ein übermächtiger Gegner die neue Gesellschaft bedroht, schickt er den Wolf Dimitri als Diplomaten aus, im einstigen Nordamerika einen Verbündeten zu suchen. Die Nachtfahrt über den Ozean und in die tiefen Stollen der Naturgeschichte lehrt den Wolf Riskantes über Krieg, Kunst und Politik und führt ihn bis an den Rand seiner Welt, wo er erkennt, »warum den Menschen passiert ist, was ihnen passiert ist«. Der Roman Die Abschaffung der Arten steht in der Tradition großer spekulativer Literatur über Niedergang und Wiedergeburt der Zivilisation von Thomas Morus, Voltaire und Mary Shelley über H. G. Wells und Jules Verne bis hin zu Stephen King und William Gibson. Wenn Charles Darwin Krieg der Welten geschrieben hätte, vielleicht wäre ein Buch wie dieses dabei herausgekommen: ein abenteuerliches Liebeslied, eine epische Meditation über die Evolutionstheorie und der waghalsige Versuch, Fossilien von Geschöpfen freizulegen, die noch gar nicht gelebt haben." (siehe: http://www.amazon.de/Die-Abschaffung-Arten-Dietmar-Dath/dp/3518420216)


Das Buch erstreckt sich über mehrere 100 Jahre, hat Höhen und Tiefen, ist aber im ganzen sehr spannend und anders.

So, nun bin ich auf deinen Tipp des Monats gespannt :-)

Ich hoffe, deine Frau ist problemfrei mit dem Schulbus nach Berlin gekommen?


Grüße,

A

Tuesday, April 21, 2009

Ein liebender Mann - Martin Walser

Als Hörbuch gelesen - glarklar und kräftig - vom Autoren selbst. Die beliebte Goethe-Sentimentalität, in deren Spuren alternde Dichter gerne ein wenig herumstochern. Thomas Mann wollte ja auch.

Aber es ist dann doch immer typischer Walser. Gedankenprosa, die ganz aus der Figurensprache entsteht, die immer unverwechselbar Walser ist. Man bewundert es teils, man würde es gerne lieben, aber etwas lässt einen doch immer kalt. Weil es halt auch immer Manier ist.

Sehr schön dann aber das Luftholen des über 70-Jährigen (Walser), als er die Marienbader Elegie dann vorträgt.

Monday, April 06, 2009

Coriolan

Gehe sie jetzt alle durch, die Shakespeare-Sachen.

Nun, von diesem wird nicht viel hängen bleiben. Charisma ohne Intelligenz. Militärs unbrauchbar für demokratische Herrschaft. Kampfmaschine ohne Seeleninstrumentarium für das Soziale.

Der Historiker

Die interessanteste Bearbeitung des Dracula-Stoffes bislang. Ganz dicht an den historischen Quellen, ein Buch für alle, die das Unheimliche lieben, wie auch dessen Nachstöbern in Büchern. Dass der Plot am Ende ziemlich zusammengewurschtelt ist, soll Nebensache bleiben. Ein Spannungsroman ist es auch kaum. Intelligente Unterhaltung für Bibliomane.

Von der Schönheit - Zadie Smith

Eine Variation auf einen Roman von Forster. Howard's End, den ich nur in der schönen Verfilmung kenne. Sehr schön zu sehen, wie der Transfer eines so klassischen Gesellschaftsromans in die Gegenwart funktionieren kann. Das Großbürgermilieau ist in die elitären Unikreise übertragen, das testamentarisch vermachte Cottage ist ein Gemälde. Ich will auf jeden Fall mehr von ihr lesen.

Thursday, March 26, 2009

Ein Wintermärchen

Der Shakespeare-Blues einmal mehr. Er kommt regelmäßig und lässt wieder nach, wenn ich ein, zwei Stücke gelesen habe. Das Wintermärchen also, aus den schönen und früher so emsig gelesenen Fried-Bänden. Eigentlich wollte ich ja hier die Handke-Übersetzung lesen, und ich weiß gar nicht warum ichs nicht getan habe, schließlich habe ich sie mir extra zugelegt. Dazu auch den Bloom zu Rate gezogen, ein Buch, dass in seiner Konzeption so ungemein ansprechend ist, wie in der Ausführung enttäuschend. Ich habe schon viel darin gelesen, aber ein Aha-Erlebnis hat es mir bislang nicht gerade vermitteln können. Kein Vergleich zur Hamlet-Auslegung von Schwanitz. Hätte er doch nur alle Stücke so kommentiert.

Das Wintermärchen also. Also, ok, es scheint ein besonderer Kniff von Shakespeare zu sein, plötzliche Obsessionen von Hauptdarstellern nicht mehr rational zu motivieren. So der Fall hier bei Leontes, dessen Eifersucht völlig überzogen scheint, ebenso, wie es keinen vernünftigen Grund gibt, warum Jago dem Othello so übel mitspielt. Mir fehlt da manchmal was. Wenn in einem Krimi stehen würde: Und plötzlich beschlich ihn rasende Eifersucht und er brachte alle um, ohne dass da vorher der Ton wenigstens versteckt angespielt wurde, dann kauft das der Leser in der Regel nicht. Andereseits ist zu viel Erklärung auch immer flach. Schließlich haben die Affekte oft irrationalen Ursprung.

Nun, wie auch immer. Das kenn ich jetzt auch.

Wednesday, March 18, 2009

Leyla - von Feridu Zaimoglu

Leyla ist ein geradezu klassischer Bildungsroman: Leyla, jüngste Tochter eines despotischen Vaters in einem anatolischen Dorf, wächst auf, lernt, tuschelt mit Freundinnen, lernt ihren Körper kennen und erschrickt dabei mehrfach, wird geschlagen, leidet unter ihrem Vater, leidet noch mehr unter ihrem Vater, liebt ihre Mutter ("eine dieser herausragenden Mutterfiguren"), zieht nach Istanbul, heiratet, wird ihren Vater los, muss wieder zurück, bekommt ein Kind, wird ihren Vater endgültig los, geht nach Deutschland...

  • Die naive Erzählweise ist frisch, klar und immer angenehm. Die Detailfreude mag mancher "orientalisch" nennen, ist aber schlicht die Substanz des Buches.
  • Der Prolog und der letzte Satz bringen eine ganz andere, metaphorische Ebene, ohne direkten Bezug zu der Geschichte. Das mag manchen verwirren. Ich mag solche blinden Flecken.
  • Der Vater ist ein schrecklicher Tyran. Aber nicht nur das. Und wegen solcher Wendungen ist das Buch gut.

Omertá - Mario Puzo

Das klingt alles sehr stark nach Märchen. Es war einmal ein alter Pate der Mafia, der sterben musste. Er ließ die drei mächtigsten Obermafiosi zu sich kommen und vertraute einem von ihnen seinen einzigen Sohn an. Dieser Obermafiosi aber hatte schon drei Kinder, von denen er nicht wollte, dass sie mit den Übeln in Berührung kämen, die ihn reich und alt gemacht haben. Also bestimmte er den ihn anvertrauten Sohn des alten Paten zu seinem Nachfolger. Dann brach der Krieg aus...

Es hat Spaß gemacht. Vor allem beherrscht Puzo etwas, das mittlerweile gar nicht mehr in Mode ist, und zwar das Erzählen in Halbszenen und weiten Bögen. 

Ein Mafia-Märchen eben. Spannend ja, aber auch ein wenig wie ein Wein, der so berühmt ist, dass er gut sein muss, der sich aber dann als ziemlich luftig erweist. Der Pate lächelt mit einem schlechten Kassengebiss.

(Bücher mit Weinen vergleichen - auch so ein Klischee.)

Friday, March 13, 2009

Ghost - von Robert Harris

Gerhard Schröder war kein CIA-Agent. Das ist ziemlich sicher. Wäre er CIA-Agent gewesen, dann wären im Irak-Krieg deutsche Schiffe im persischen Golf aufgetaucht und hätten Raketen auf Bagdad abgefeuert, hätten deutsche Leoparden und Tiger schlecht ausgerüstete Irakis durch die Wüste gejagt und BNDler leicht terrorismusverdächtige Mitbürger gewasserbrettert bis zum Herzstillstand.

Bei Tony Blair dürfen sich die Briten nicht so sicher sein. Bush's Dog nannte man ihn auch hämisch wegen seiner übertriebenen Bündnistreue gegenüber den Amerikanern. Viel hat er dabei nicht heraus holen können für sich und die Briten. Er selbst musste vorzeitig sein Amt an den Nagel hängen, U-Bahnen wurden in die Luft gesprengt, die Schlangen an den Sicherheitsschranken in den Flughäfen wurden immer länger. Nicht einmal Öl-Aufträge gab es für englischen Firmen.

Warum das ganze also dann? Hatte der Mann vielleicht ganz andere Prioritäten?

Die Frage stellt sich Robert Harris in seinem mit dem International Thriller Award ausgezeichneten Roman Ghost. Ghost, das ist ein Ghostwriter, der sein Geld bislang hauptsächlich mit den Autobiografien von Stars aus Show Biz und Sport verdient hat. Jetzt trägt ihm sein Agent eine ganz heiße Sache an: Die Memoiren Adam Langs, des ehemaligen britischen Premier-Ministers. Die Sache soll ihm nicht nur ziemlich viel Geld bringen, sie hat auch jede Menge Haken: Deadline ist in einem Monat und das verfügbare Material seines Vorgängers ist grottenschlecht; außerdem hat jener unter nicht ganz wasserdichten Umständen vor kurzem das Zeitliche gesegnet. Zudem fällt die Arbeitszeit just in die Phase, als die Juristen Adam Lang vor das Kriegsverbrecher -Tribunal in Den Haag bringen wollen, weil er angeblich die unrechtmäßige Verhaftung von Terrorverdächtigen durch die CIA angeordnet haben soll.

Schlecht für ihn, aber gut für die Publicity, daher halbiert der Verlag kurzerhand die eh schon halsbrecherische Abgabefrist. Doch diese Sorge gerät für den Ghost langsam in den Hintergrund. Denn er beginnt mit seinen eigenen Recherchen und entdeckt peu á peu allerhand, was den früheren Premier in immer düstereres Zwielicht taucht. Was hat den munteren Cambridgianer, der bis dato nichts mit Politik am Hut hatte, anno dazumal in die Partei getrieben? Wie konnte er so rasant an allen anderen vorbeiziehen, ohne eine eigene Lobby in der Partei zu haben? Warum verzapft er Märchen, was seine frühere Motivation angeht? Und wie ist sein treuer Mitarbeiter, der eigentlich mit der Abfassung der Memoiren betraut war, wirklich gestorben? Was ist dran, an den Vorwürfen der Verstrickungen mit CIA-Machenschaften?Auf einmal stinkt alles nur noch so nach Intrige, Verschwörung und dunklen Geheimdienstmachenschaften.

Dass das Buch macht ziemlich viel Spaß, liegt zum einen daran, dass es natürlich sehr spannend ist. Aber auch daran, dass es so nah an der jüngsten Geschichte angesiedelt ist. Man hat alles noch frisch vor Augen – die gemeinsamen Pressekonferenzen, leidenschaftliche Beteuerungen windschiefer Überzeugungen, die schwindelerregende Erosion der Glaubwürdigkeit.

Und dann kommt bei Harris noch etwas hinzu, das man in amerikanischen Thrillern dieses Kalibers eher selten findet: Humor. Ich will jetzt nicht reflexartig das Attribut „britisch“ davor setzen. Jedenfalls habe ich bei der Lektüre mehrmals laut gelacht. Was will man mehr?

("Was will man mehr?" - die Frage ist auch so sein Rezensionenreflex)

Wednesday, March 04, 2009

Monster von Jonathan Kellermann


Erstand das Taschenbuch vor einiger Zeit auf dem Flohmarkt für 50 Cent. Seitdem hat es im Regal eine Weile laang Staub angesammelt. Letzten Freitag war es dann so weit und es wurde einer unergründlichen Laune folgend ausgewählt. So ist das mit dem Büchernarren. Er rafft zusammen, was geht. Man verspottet ihn oder hat bestenfalls Mitleid. "Das kannst du niemals alles lesen", sagen die Leute. Aber sie kommen alle dran, die Bücher, früher oder später. Nach einem unergründlichen Schema geraten sie unter die Augen des Lesers, werden geprüft, für gut befunden und verschlungen, oder endgültig beiseite geräumt.

Monster wurde verschlungen. Ein Mord an einer Psychologin, die in der Anstalt aller Anstalten ihren Dienst verrichetet. Die Spur führt zurück zu einem ungaublich grausigen Mehfachmord, für den das Monster verantwortlich gemacht wurde, das zuletzt Lieblingspatient der Psychologin war. Doch der konnte es nicht gewesen sein. Nach und nach entwirren Alex Delaware und Milo Irgendwas die Hintergründe...

Sehr gut sind natürlich die ganzen Gruselgestalten, die den Roman durchwandeln. Sehr schön auch das Porträt der Psychologin, deren Leben so völlig leer geräumt ist von buchstäblich allem, was man gemeinhin Seele nennt. Vor allem die überaus nüchterne Darstellungsart nimmt sehr für das Buch ein. Das ganze kommt einem vor, wie ein Aktenbericht. Man merkt auf jeder Seite, dass Kellermann vom Fach ist und r was die psychologischen Details betrifft keinen Mumpitz vom Stapel lässt.

Fazit: Psychologischer Roman in Reinkultur. Fein.

Tuesday, March 03, 2009

Frau am Bahnsteig

Am Bahnsteig zur U1 steht manchmal diese Frau und liest Zeitung. Die Passanten machen einen Bogen um sie. Um sie herum hat sie eine Menge prall gefüllter, teilweise zerschlissener Plastiktüten versammelt, aus denen Papier und Stofffetzen hervorsprießen. Ihr schwarzes Haar ist völlig verfiltzt. Sie scheint kein Alter zu haben.
Ihre Haltung: Sie steht nicht in, sondern auf ihren Schuhen. Die Strümpfe sind fleckig und haben Löcher. Die Beine sind dünn wie Stelzen, die Fersen berühren einander, so dass ihre Beine wie ein Bein wirken.
Wie ein Kranich steht sie unbeweglich zwischen den sich bewegenden und von Gedanken bewegten Menschen und liest Zeitung.

Thursday, February 26, 2009

Hunter von John Dunning


Wieder ein Kriminalroman über verlorene Bücher, Bücherjäger, geheime, aus den Seiten der Historie gelöschte Geschichten. Manchmal ein wenig zu harmlos, zu korrekt.
Schön, dass der Unsympath der ersten Seiten nicht der Bösewicht ist. Schön auch die eingerückte Episode vom Vortag des Amerikanischen Bürgerkriegs, auch wenn sie wirklich etwas abstrus motiviert ist. Nettes Kulissenkino überhaupt.

Daher ein Nachsehen mit:
  • der erdrückenden Überzahl starker, guter, hübscher und alternder Frauen
  • einem unnützen Ausfall gegen Raucher
Hat zwar nicht die Klasse des Dumas Club, aber die Story ist stark und trägt einen sehr flott über die 400 Seiten.

Tuesday, February 24, 2009

Variation auf ein Thema von Baudelaire

Es ist einer dieser düsteren Tage. Die Sonne schafft es nicht durch die Wolken. Die Stadt ist eingesponnen in einen Kokon aus Nebel. Du bahnst dir den Weg durch die Armeen in Zivil. Die Truppenbewegungen durchschaust du nicht. Keiner tut das. Du lässt dich treiben. Vor dem Laden, der vor kurzem noch ein anderer war, bleibst du stehen. Du denkst du hast Hunger (hast du aber nicht). Aber jetzt hast du den Rhythmus verloren und stehst wie ein Phantombild in der Menge. Und dann siehst du den roten Farbfleck inmitten der grauen Armee. Ein roter Fleck in einem Schwarzweißfilm. Ein Flogolet ertönt auf der wurmstichigen Zarge deiner Seele. Und dann ist sie weg. Und dann bist auch du weg, wieder anheim gegeben dem Brackwasser dieses Tages.

Monday, February 23, 2009

Herbstlicht von Hermann Lenz

So ziemlich das Gegenteil von Spannungsliteratur. Aber das darf auch mal sein. Nach Peter Handke müsste man dieses Buch wahrscheinlich ganz langsam in sich hinein rezitieren. Ich weiß nicht, ob das alles so viel Gehalt hat, mir kommt's manchmal etwas dürr vor.

Im Prinzip ist es eine Auflistung von Personen, die mal alle auf ihn herab geschaut haben, als er noch ein literarisches Nichts war, und denen er es jetzt doch gezeigt hat, weil er den Büchnerpreis bekommen hat.

Es hat was. Allerdings ist dieses Etwas auch sehr bieder. Aber warum nicht.

Friday, February 20, 2009

Abgefahren: Driver von James Sallis

Der Krimi des Jahres 2007. Ein Profi-Fahrer für Stunts und mittelschwere Überfälle gerät wegen eines dumm gelaufenen Jobs auf die Abschussliste der Mafia. Allerdings beißt die sich dann die Zähne an Driver aus.

Der kurze Roman ist in einer Art "Rondo-Schnitt" erzählt: Ganze Szenen wiederholen sich fast wortwörtlich, biografische Rückblicke werden scharf in den Gang der rasanten Handlung geschnitten. Das ergibt einen sehr schönen, melancholischen Sound.

Obwohl das Buch extrem kurz ist - man kann es locker an einem Abend lesen - blättert sich da doch ein Leben als Ganzes auf. Sehr gelungen. Höhepunkt ist das Gespräch zwischen Driver und dem verbleibenden Obermafiosi, das mit wenigen Zeilen einige hundert Zeilen Sartre in den Schatten stellt. Driver als jemand, der sich völlig autonom selbst erfindet. Er ist Fahrer - nicht mehr und nicht weniger - als Person völlig im Einklang mit seiner Funktion. Das dieser Einklang nicht gestört wird, ist auch die Bedingung für jeden Job, den er annimmt. Erst als das nicht mehr stimmt, laufen die Dinge aus dem Ruder.

Der Schluss lässt auf eine Serie hoffen. Fast klingt da eine Art verquerer Märchenton an. Hier ist etwas, was man von diesen amerikanischen hard boileds gar nicht kennt: Romantische Ironie.

Thursday, February 19, 2009

Rabbit , eine Rückkehr


Man sollte eigentlich immer ein Updike-Buch lesen. Nichts schärft den Blick auf den Alltag so sehr, wie diese Prosa.

Rabbits Rückkehr also. Nun ja, aus dem Grab steht er nicht auf. Aber seine Tochter steht plötzlich vor der Tür seiner Witwe und bringt einiges durcheinander. Eigentliche Hauptperson ist aber Nelson, mittlerweile über 40. Der kann leider seinem Vater als literarische Figur nicht ganz das Wasser reichen, daher ist der Roman wohl auch relativ dünn. Eine Art Reprise.

Was sehr interessant und gut ist:
  • wie immer die Details bei Updike und der Stil. Die Kunst, feine Seelenregungen aufzuspüren und ins Bild zu bringen
  • der Zeitbezug - das Ganze spielt am Vorabend der Milleniumsfeier, man entdeckt vieles wieder, wie etwa die Angst vor Y2K oder die Suche nach einem geeigneten Ort für die Feier
  • dass nichts geschieht und doch unglaublich viel
  • dass alles nach Rabbit schäbiger, deprimierender geworden ist

weniger überzeugend:
  • manche Ausbrüche der Figuren. Stiefvater Ronnie beleidigt die Rabbit-Tochter so hundsgemein, dass danach eigentlich alle menschlichen Brücken zw. ihr und den Hanssons völlig hinüber sein müssten. Sind sie aber nicht.
  • zu viel Straßen-Topografie

Aber: Updike bleibt Updike. Schade, schade, dass es jetzt definitiv nicht mehr weitergehen kann mit den Rabbits.

Tuesday, February 17, 2009

Der Fledermausmann


Warum aus der Masse gerade dieses Buch von einem Jo Nesbø? Es hätte jedes andere sein können. Eigentlich hatte es sogar schlechtere Chancen, weil wir nicht sonderlich an Australien interessiert sind.

Also, wie war es? Zuerst haben wir von Nesbø gehört in der Krimicouch anlässlich seines neuen Romans Der Schneemann. Dann standen wir im Hugendubel vor dem Krimiregal und blätterten in einigen Büchern. Das Cover eher mäßig, das Ganze uns eigentlich zu lange und zu fern (Australien, Ureinwohner, Norweger). Gekauft haben wir es dann aber ganz schnell am Bahnhof, wahrscheinlich, weil uns das Motiv mit der Fledermaus interessierte (das dann etwas lieblos behandelt wird, aber es gibt Entschädigung.) 

Wir haben dann erst das Poe-Buch fertig, dann das 400-Seiten Buch in zwei Tagen gelesen. Und es hat Spaß gemacht: Der Held ist gut gezeichnet (wie man so sagt), er hat eine echte, gravierende Schwäche (er ist Alkoholiker, kein trockener), es gibt eine recht passable Liebesgeschichte, die alles andere als gut ausgeht, es gibt starke Nebenfiguren usw. 

Aber was mir besonders gut gefallen hat: Der Mann interessiert sich für andere Leute. So lernt er zum Beispiel einen Alkoholiker im Hyde Park kennen, mit dem er sich am Ende anfreundet und irgendwie helfen sie sich gegenseitig durch pure Menschlichkeit. Außerdem steckt in dem Finale ein solches Maß an Verzweiflung und Trostlosigkeit, dass man ganz wie der Held einfach nicht die Augen aufmachen kann. Und nicht zuletzt sind da die eingeflochtenen Mythen und deren Mitschwingen in der Romanhandlung.


Kein Rabe so schwarz






Eine dieser schönen Geschichten über Literatur, eingepackt in eine starke historische Kulisse. Es geht um E. A. Poe und seine Erzählung über den Mord an dem Zigarettenmädchen Mary Rogers. Der Plot: Der alte, moralisch blitzblanke, angenehm biedere High Constabler Hayes verdächtigt den Dichter, etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Er stellt ihm nach und entdeckt so Einiges.


Und auch der Leser erfährt so Einiges:
  • wie ein Colt funktioniert und wie die Idee wirtschaftlich eingeschlagen hat
  • wie die New Yorker Polizei, über die wir schon so viele Filme gesehen haben, in den 1840er Jahre organisiert war (nämlich kaum)
  • wie es in den Tombs - dem Schwerverbrecherknast - ausgesehen hat
  • welche Verleger zu Lebzeiten Poes den Ton angegeben haben
  • wie das damals mit dem Copyright war (es gab keines, angeblich, damit sich auch die breite Masse Bücher leisten kann
  • über den Journalismus damals (Skandale! Auflage! Schrecklicher Schwulst!)
  • was man an einem gemütlichen Feierabend aß
  • wie die Gangs of New York organisiert waren (besser als die Polizei)
  • und vieles mehr

Es gibt ja so Leute, die eine recht puristische Literaturauffassung haben und zu viel Wissen in Büchern verachten. Wir nicht. Wir stecken die Gratistaler gerne ein.

Das einzige was stört: Einige Zitate, vor allem Poes, sind nicht sehr gut verkittet. Joel Rosel zwängt da einiges an Blumen und Sträuße in die normalen Dialoge. Da beißt sich Manches. Aber, was soll's, das ist kein Nobelpreisbuch, sondern: ein echter Schmöker im besten Sinne des Wortes.




Thursday, February 12, 2009

Classico Banalo

Heute im Hugendubel:
"Wissen Sie, wo eigentlich der Unterschied zwischen Faust I und Faust II ist?"
"Tut mir Leid, mit Faust habe ich mich nie beschäftigt. Der eine ist länger, würd ich sagen."
"Wirklich, tolle Dialoge, sollten Sie mal lesen. Aber sagen Sie mal: Wer hat denn jetzt eigentlich den Erlkönig geschrieben?"
"Puh, da muss ich Ihnen leider sagen, das ist nicht so mein Schwerpunktgebiet."
"Ich würde nur gerne wissen, ob es den auch als Reclam-Heftchen gibt. Eventuell auch als Prosa, wenn es sein muss."
"Da bin ich jetzt überfragt."

Leise und errötend flüchtet sich der zufällige Passant aus der Buchhandlung.

Sunday, February 08, 2009

Das Glück der anderen

Eine Kleinstadt in Amerika nach dem Bürgerkrieg. Jakob Hanson, Scheriff, Leichenbestatter und Prediger in einer Person kämpft gegen die Diphterie und eine Feuersbrunst. Und dagegen, seinen Glauben zu verlieren.

Die Mensch und Tier sterben buchstäblich wie die Fliegen. Das, was mal bürgerliche Ordnung hieß, löst sich an allen Ecken auf, die Vernichtung ist total.

Und mitten in der Hölle, verzweifelte Gesten wie diese:

Die Straße ist voller Wagenspuren und in der Asche liegt ein plattgedrückter Vogelkäfig, in dem sich ein Kanarienvogel noch immer seitlich an seine Stange klammert. Du hebst das verbogene Ding auf und der Vogel flattert und schlägt mit den Flügeln. Mit dem Messer drückst du die Gitterstäbe auseinander, lässt den Vogel frei und wirfst den Käfig weg.

Während dessen verwesen rings um die Leichen seiner Mitbewohner, seiner Freunde, seiner Frau, seiner Tochter. Er arbeitet gegen das Chaos an, nahezu beharrlich, bis zum Schluss.

Der Kniff mit dem Du-Erzähler gibt dem Ganzen eine ganz eigene Dichte, einen Sound, der dem Leser lange nicht mehr aus dem Kopf geht.

Der Schluss ist von einer solchen Trostlosigkeit, dass man sich unter einem großen, schützenden Flügel verkriechen will.

Bislang das Beste in der Reihe hervorragender Stewart O'Nan-Bücher, die du in rascher Folge gelesen hast, als fändest du hier eine Art Neues Testament.

Evil Jack Ketchum

Zwei Waisenmädchen, eine abartige Stiefmutter, grausam-normale Kinder, ein self-made Atombunker im Keller. Und ein Junge, der zu lange zuschaut, bis er etwas tut.

Das eigentlich Interessante an dem (wirklich sehr spannendem Buch): Ab wann wird man selbst schuldig, wann ist die Grenze überschritten? Und: Warum liest man weiter? Weil man unbedingt wissen will, wie es endet, oder aus Faszination an der Grausamkeit, der auch die Kinder in dem Buch erliegen. 

Das ganze ist so unglaublich grausam, dass man es wirklich nicht weiter lesen will, ohne aufhören zu können. Damit erfährt man als Leser eine ganz, ganz leichte Ahnung dessen, was in den Tätern vorgegangen ist.

Und es gibt auch eine ganz klare, einfache Botschaft: Das Böse passiert, jeden Tag, in deiner Nachbarschaft. Wenn du die Augen davor verschließt, machst du dich schuldig. Wenn du nicht zuhörst, machst du dich schuldig. Wenn du das Radio aufdrehst, um den Hilferuf zu überhören, machst du dich schuldig. 

Wenn du nicht wachsam bist, übertrittst du die Linie. 

Thursday, February 05, 2009

Herde bei Eichenau

Dank eines Selbstmörders machen wir heute Bekanntschaft mit Eichenau. Eichenau Nord. Der Ortsname klingt nach einer alten KZ-Stätte.
Hier gibt es nichts. Nur Parkplätze für Pendler wie wir.
Derzeit ist der Schienenverkehr zwischen Fürstenfeldbruck und Passing gesperrt. Es herrscht Schienenersatzverkehr.
Der Schienenersatzverkehr besteht aus drei Bussen, die im Abstand von halben Stunden anzuckeln. Drinnen kleben die Pendler, die sie an den Stationen vor Eichenau eingepackt haben, wie Insekten an den Scheiben. Jeder Bus wird von hundertstimmigen Gelächter empfangen. Keine Chance, der Schienenersatzverkehr ist eine Niete.
Es ist kalt. Nach zwei Stunden noch kälter.
Die Gelegenheit wäre günstig, aber wir wollen nichts wissen über Eichenau. Oder Olching, wohin sich einige Verzweifelte fahren lassen, nur um irgendwie weiter zu kommen.
Mobiltelefone klingeln, Bahnentschuldigungen werden repetiert. Jaja, ist schon gut.
Auf der Glasabdeckung der Haltestelle entdeckt jemand einen Fußball, aber niemand klettert hinauf, um ihn zu holen. So fällt auch die erste Fußballpendlermeisterschaft aus.
Eichenau bringt es einfach nicht.
Irgendwann steht dann doch auf der Anzeigetafel, dass die nächste S-Bahn in sieben Minuten kommt. Als ob nichts passiert wäre.
Irgendwo weiter vorne tragen sie jetzt wahrscheinlich eine Zinkwanne weg. Ein Lokführer wird beim psychosozialen Dienst angemeldet. Für heute hat er frei.
Wir nicht. Der Zug kommt tatsächlich. Wir zwängen uns hinein.
Wir sind die Herde.

Wednesday, February 04, 2009

Gott nervt in der Zigarettenpause

Diese noch, denkt er sich, als er die Zigarette anzündet. Da steht er dann mit den anderen Verbannten. (Wenigstens weiß er jetzt, wo er hin gehört.)

Eine Frau schleicht sich an ihn heran und hält ihn ein Heftchen unter die Nase. Darauf zu sehen: Ein gemalter Turm im Hintergrund, vorne ein ein blondes Jüngelchen, den Arm um die Mähne eines Löwen geschlungen. Blonde Bestie, denkt er.

"Ich würde gerne mit Ihnen über Gott reden."

"Danke, nein."

Er wirft die Kippe weg und hat es auf einmal eilig, muss zum Zug, zum Abendessen, zu Frau und Kind, zu den E-Mails, die inzwischen angekommen sind. Von Gott wird keines dabei sein, da ist er sicher.

Eines weniger, das er abarbeiten muss.

Halloween

Eine Clique von Jugendlichen, die in der Halloween-Nacht mit dem Auto gegen einen Baum fahren. Drei von ihnen sterben, teilweise schrecklich entstellt. Einer - früher einer coolsten - wird auf den Entwicklungsstand eines Vierjährigen zurückgeworfen. Der einzig wirklich Überlebende führt nur mehr ein Schattenddasein auf den Tag hin, wo er den anderen nachfolgt. Und dann ist da noch der Polizist, der dabei war, verwickelt, selbst schuldig, seit dem Tag hoffnungslos aus der Bahn geworfen.

Sie alle treffen sich wieder, die Lebenden und die Toten, an ihrem Jahrestag. Und bringen die Geschichte zu Ende.

Das ist so ein Roman, bei dessen Lektüre einem der Gedanke kommt, dass man genau so eine Geschichte schon immer mal lesen wollte. Vielleicht weil sie viel mit der melodramatischen Vorstellung zu tun hat, bei seinem eigenen Begräbnis Beobachter zu spielen oder als Geist durch die Straßen und Orte seines verlorenen Lebens zu ziehen und den Menschen nahe zu sein, die übrig geblieben sind (und die einen rufen).

Stewart O'Nan, dessen Bücher zu lieben wir beschlossen haben, schreibt so was. Unverwechselbar, echt, an die Nieren gehend.

Tuesday, February 03, 2009

Bettler, Kassiererin und schwarzer Rover – erste Variation

Er bezieht jeden Tag seinen Posten auf einer hochkant gestellten Obstkiste, sein batteriebetriebener Radio spielt irgendeinen Kultursender, sein Hund liegt auf einer haarigen Baumwolldecke mit Blümchenmuster. Meist liest der Mann in einem stockfleckigen Taschenbuch. Wenn eine Münze in den Blechnapf fällt, lächelt er höflich und bedankt sich würdevoll.

Im Supermarkt direkt hinter ihm seufzt eine junge Kassiererin jedesmal auf, wenn ein Kunde aus dem Billig-DVD-Ständer Shakespeare in Love auswählt.

Im Halteverbot vor dem Eingang parkt ein schwarzer Landrover. Eine Golfzeitschrift liegt auf dem Beifahrersitz; darunter klingelt ein Handy.

Der Himmel fährt eine Flotte Wolken auf. Ein Kassenzettel flattert auf, kommt kurz vor den neugierigen Augen des Hundes zur Ruhe, wird erneut in die Luft gewirbelt und verschwindet.

In der Ferne rollen Donner.

Der Mann auf der Obstkiste schlägt den Mantelkragen hoch. Die Kassiererin ruft nach der Stornokarte. Der schwarze Rover ist verschwunden.

Monday, February 02, 2009

Nachtrag: Philip Pullman

Die Lektüre von Philip Pullmans Goldenem Kompass habe ich unterschlagen. Las die ersten beiden Bände mit großem Vergnügen und wollte gleich an den Dritten, was ich aber dann aus irgendeinem Grund nicht getan habe und schon war das Momentum beim Teufel. Ging mir also ganz genau wie bei dieser Kai Maier-Sache mit der Fließenden Königin.

Jedenfalls war der Eindruck stark. Die Engländer haben die Sache mit den Mythen einfach drauf.

Updike

Seit einer Woche dreht sich die Welt ohne John Updike. Dass da jetzt nichts mehr kommen wird ist irgendwie unfassbar.
Ich kann mich noch ganz deutlich daran erinnern, dass ich letztes Jahr einmal den Gedanken hatte: Du wirst wahrscheinlich erleben, dass John Updike stirbt. Und: Er wird von allen der größte Verlust sein.
Und schon ist es passiert.

Mein erstes Updike-Buch war Henry Bech, immer noch ein wunderbarer Einstieg. Dann kamen die Rabbit-Romane und seit dem jedes Jahr mindestens ein Updike-Buch: Der liebe Gott und die Wilmots, Ehepaare, Das Gottesprogramm, Getrude und Claudius, Terrorist, Sucht mein Angesicht, Kurzgeschichten in Mengen, mehr Bech-Geschichten, Selbstbewusstsein, Brasilien, Erinnerungen an die Zeit unter Ford, Rabbit in Ruhe.

Jetzt gilt es, wirtschaftlich mit den Büchern umzugehen, die noch im Regal stehen:
Landleben
Auf der Farm
Am Ende der Zeit
Etwa 120 Essays
Viele Kurzgeschichten
S.
Der Sonntagsmonat
Golfträume
Der Weg zu zweit

Aber man kann seine Sachen ja auch immer wieder lesen. Den vierten Rabbit-Roman habe ich zum Beispiel zwei mal gelesen, eine Wucht von einem Buch, eine literarische Bilderflut.

Die Welt ohne Updike also. Sie ist nun ärmer um eine der genausten und schönsten Sichten auf sich selbst .

Friday, January 30, 2009

Stewart o'Nan - Eine Entdeckung 1

Das Buch hat ein Gast in unserem Gästezimmer vergessen. Als ich letzte Woche grippebedingt dorthin ausgelagter wurde, griff ich danach und las es durch.

So wünscht man sich Bücher: Realistisch, echte Personen, deren Bewusstsein mit spitzer Feder transkribiert, ein wenig Spannung und Action, jedoch nicht zu viel. Und jede Menge davon, was man dilletantisch "poertische Stimmung" nennen mag und die irgendwie mit Abend, leeren Häusern, ersten LIeben, Trennungen, Wäldern & Seen und Engelskonterfeis im Schnee zu tun haben.

Abendland fertig

Doch ein großer Roman, wie man sagt. GRoß im Sinne von lang, aber auch im Sinne der Themenvielfalt. Kompositionsprinzip Jazz.
Schön auch, dass sich da einer getraut hat, an der "hehren" Tradition weiterzuspinnen, also noch mal den ganzen alten Künstler-MUsiker-Abendland-Nietzsche-Verhängnis-Vernunft-&-Untergangs-Monoliten den Berg hoch geschoben hat.

Thursday, January 15, 2009

Die Spur des Teufels

Großartiges Buch. So muss eine Geschichte sein, der ich gerne folge. Verzicht auf große Effekte, Stimmung, Einzelgänger auf der Suche nach Anschluss. Düsternis.

Hermann Lenz - Herbstlicht

Habe es in der Tasche. Ein Vademekum für die düsteren Zeiten. Bieder, aber der Ton wirkt so beruhigend.

Das Dritte Reich und die Juden

Auf jeder Seite erschütternd, beklemmend und interessant.

Abendland

Lese es wie eine Serie. Wie bei vielen sogenannten großen Romanen beschleicht einen hin und wieder Lesemüdigkeit.

Aber der Titel verspricht nicht zu viel. Es geht wirklich quer durchs Abendland. In Ausschnitten natürlich: K & K, Nazis, Rote Armee Fraktion, Schwar & Weiß in Amerika, Musikgeschichte, Studenten, Wien, Sonderlinge der Provinz...